Rhabarber

Rhabarber

Rhabarber (Rhabarbărum), 1) (Radix rhabarbari), die Wurzel von Rheum australe (s.d.), wird auf den Gebirgen der Provinz Kokonor von nomadischen Kalmücken, von sechs- bis achtjährigen Stöcken gesammelt, geschält von der Rinde u. den Nebenwurzeln befreit, in Stücken zerschnitten u. getrocknet. Sie kommt in verschiedenen Sorten in den Handel; a) Chinesische (Ostindische) R., besteht aus walzenförmigen, festen Stücken von starkem Geruch; der Geschmack ist bitterer als der der übrigen Sorten; an der Oberfläche sind die Stücken schmutziggelb, im Innern blaßroth od. ziegelroth; b) Moskowitische (Sibirische, Russische) R., die gesuchteste Sorte; wird von bucharischen Kaufleuten nach Kiachta gebracht, dort von russischen Bevollmächtigten sortirt, von allen verdorbenen u. holzigen Theilen, so wie von der etwa noch zurückgelassenen Rinde gereinigt u. in verpichten Kisten nach Moskau u. Petersburg gesendet, von wo aus sie in Handel kommt. Sie besteht aus verschieden gestalteten, oft mit großen Löchern durchbohrten, außen mit hellgelbem Staube bedeckten, trocknen, mäßig schweren, matthell od. grünlichgelben, innen auf dem frischen Bruche einer Muskatnuß ähnlichen, mit gelbgrünlichen, weißen, rosenrothen Adern u. Flecken marmorirten Stücken, von eigenthümlichem Geschmack u. Geruch, knirscht beim Kauen zwischen den Zähnen u. färbt den Speichel schnell safrangelb. c) Persische R., kommt meist über England in den Handel, bildet verschieden geformte, leichte Stücke, schwammiger als die übrigen Sorten, an der Oberfläche blaßgelb, im Innern röthlich, mit weißen Linien durchzogen; d) Französische (Einheimische) R., die geringste Sorte, bildet unregelmäßige, längliche od. flache Stücken mit roth u. weißem Bruch; ist schleimig, im Innern gelb; e) Bucharische R., Wurzel von Rheum undulatum, sie kommt in 7–8 Unzen schweren, rundlichen Knollen, von holziger Consistenz im Handel vor; ist mehr od. weniger ockerbräunlich, dunkler als die Ostindische R., knirscht beim Kauen wenig, färbt den Speichel braun u. wird nur in der Thierarzneikunde gebraucht. Eine selten im Handel vorkommende Sorte von R. ist f) Weiße od. Feinste geschälte russische R. (Rad. rhei albi s. imperialis), ästig, etwa 3 Zoll dick, weiß, fast geschmacklos, etwas schleimig. Sie wird sorgfältig aus den Rhabarberkisten ausgesondert u. für den russischen Hof gesammelt. Vielseitige in Europa gemachte Versuche, R. hier zu erziehen, haben kein der ächten Wurzel ganz gleiches, sondern ein an Aussehen u. Geschmack verschiedenes u. an Wirkung schwächeres Product geliefert. Die R. enthält neben dem Rhabarberin (s.d.) zwei eigenthümliche Harze, das Erytheoretin u. Phäorelin, welche sich durch die prachtvoll rothe Färbung auszeichnen, die sie in Berührung mit Alkalien zeigen; außerdem oxalsauren Kalk, von welchem die Chinesische R. fast 33 Proc. enthält, Amylumkörnchen, Gummi etc. Der R. ist ein seit dem 4. Jahrh. bekanntes, seit etwa 200 Jahren in Deutschland eingeführtes, in größeren Gaben abführendes, in kleinern eröffnendes, in noch kleinern anhaltendes, zugleich stärkendes Mittel, u. wird in Pulver, Pillen, wässerigem u. geistigem Aufguß mit mancherlei Zusätzen, bei Ruhren, Durchfällen, Würmern, Leber- u. Unterleibsstockungen, Verschleimungen etc. angewendet; 2) (Mönchsrhabarber, Rad. rhabarbari monachorum), früher officinelle Wurzel von Rumex patientia, s.u. Rumex; 3) unächte (Rh. pauperum), ist Thalictrum flavum; 4) Rhabarbarum indicum, alte Benennung der Mechoacanawurzel, desgleichen Rhabarbarum plebejorum, der Rinde von Rhamn us frangula u. Rhaharbarum rusticorum, der Wurzel von Euphorbia Cyparissias.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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