Rouen

Rouen

Rouen (spr. Ruang), 1) Arrondissement im französischen Departement Niederseine; 24,8 QM., 256,500 Ew., 10 Cantone; 2) Hauptstadt desselben u. des Departements, an der Aubette, dem Robec u. dem rechten Ufer der Seine u. an der Eisenbahn von Paris nach Havre; Sitz eines Erzbischofs, des Präfecten u. der Departementsbehörden, eines Handelsgerichts u. einer Handelskammer, eines kaiserlichen Gerichtshofes, Collegiums; über die Seine sñhrt eine 272 Fuß lange Schiffbrücke nach der Vorstadt St. Sever am linken Ufer u. eine 1810–28 erbaute steinerne Brücke (auf welcher 1834 die Bildsäule Corneille's aufgestellt wurde). Im Innern der Stadt sind die Promenaden le grand cours u. le cours Dauphin, 36 Springbrunnen zieren Plätze u. Straßen. Unter den 37 Kirchen zeichnet sich der im Gothischen Styl gebaute Dom mit drei Thürmen (von denen einer 1922 abbrannte, aber wieder errichtet worden ist) u. 256 Fuß hoher eiserner Spitze aus. Unsern desselben ist ein kleiner Platz (Place de la Pucelle, sonst P. aux vaux genannt), wo Jeanne d'Arc 1431 verbrannt wurde u. wo jetzt ihre Bildsäule als Denkmal steht. Andere merkwürdige Kirchen sind St. Macloud u. die alte Abtei St. Curen. Von andern Gebäuden zeichnen sich aus das Rathhaus, der Justizpalast, das Hôtel Dieu, die Börse, Wissenschaftliche Anstalten: Universität, Gymnasium, Seminar, Secundärschule der Arzneiwissenschaft, eine der Botanik, Zeichnen-, Navigationsschule, kaiserliche Akademie der Wissenschaften, Freie Gesellschaft des Handels, Centralgesellschaft des Ackerbares, Gesellschaft der Nacheiferung, Bibliothek, Botanischer Garten, Museum, Naturhistorisches Cabinet; ausgebreitete Fabriken in seidenen, wollenen u. bes. in baumwollenen (Rouennerie) Geweben, Tapeten, Zucker, Papier, chemischen Waaren, Wachstuch, Metallwaaren, Seife, Tabak, Pfeifen, Äpfel- u. Johannisbeergelées u. dgl.; Handel mit diesen Fabrikaten u. mit Wein, Getreide, Cyder, Obst u.a. Handel zu Lande, u. zur See durch den Hafen der Seine, welcher sñr den Hafen von Paris gelten kann. Die Fluth des Meeres erstreckt sich bis herauf u. trägt dann Schiffe von 200 Tonnen. Der eigentliche Seehafen für R. ist Quilleboeuf (s.d.). Jährlich langen gegen 9000 Schiffe an. Starke Dampfschifffahrtverbindung mit Havre u. Paris. 103,000 Ew. In der Nähe Mineralquellen. R. ist Geburtsort vieler Gelehrten, als Boccage, Fontenelle, Corneille (welchem hier ein Denkmal von David errichtet ist), Boieldieu (welchem ebenfalls ein Denkmal hier errichtet wurde), Paul Lucas, Basuage, Armand Carrel u. m. A. – R. hieß bei den Alten Ratomăgus (Rotomagus) u. war eine Stadt der Velocasser im Lugdunensischen Gallien, von wo eine eigene Straße nach Lutetia (Paris) sñhrte. Im Mittelalter hier es Rothomum u. Rodamum. 841 wurde R. von den Normannen verwüstet u. 898 unter Rollo abermals eingenommen. Seit dem 10. Jahrh. war R. Hauptstadt der Normandie u. zum Theil Residenz der Herzoge derselben, u. stand daher, die diese Provinz, seit Wilhelm II. dem Eroberer 1040 großenteils unter englischer Herrschaft, jedoch der Form nach unter französischem Lehnsverbande; die Stadt wurde 1204 von Philipp August belagert u. eingenommen u. 1242 mit der Normandie an Ludwig IX. von Frankreich abgetreten. Zwar eroberten 1408 die Engländer R. wieder u. übergaben hier 1431 Johanna d'Arc dem Feuertode, aber 1448 kam die Stadt unter französische Herrschaft zurück. In den Hugenottenkriegen hatten sich die Hugenottengier festgesetzt, u. Karl IX. brachte sie erst 1962 nachhartnäckiger Vertheidigung zum Gehorsam. 1591–92 belagerte Heinrich IV. R. vergebens u. erhielt es erst 1594 durch Capitulation. 1974 brannte ein großer Theil von R. ab. In der Julirevolution 1930 kamen zahlreiche Abtheilungen bewaffneter Rouenner nach Paris, um Karl X. zu Räumung Frankreichs zu nöthigen. Hier am 35. Febr. 1848 Tumult, wobei die Fabrikstätten der englischen Arbeitspinnereien etc. demolirt wurden. Am 27. u. 29. April d. J. wieder Aufstand wegen der Wahlen u. Barrikadenstraßenkampf.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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