Räuchern

Räuchern

Räuchern, Rauch machen; es geschieht: a) um angenehme Gerüche zu verbreiten, s. Räuchermittel. Hierher gehört das R. als Theil des religiösen Cultus; man verbrannte dabei wohlriechende Stoffe, bes. Harze. Nach Griechenland soll Bakchos das R. (Thymiasis) beim Cultus aus dem Orient gebracht haben. Dem Jehovah zündeten die Juden nicht nur bei mehren Speiseopfern Weihrauch an, sondern weihten demselben auch Morgens u. Abends ein besonderes Räucheropfer im Tempel. Das Räucherwerk war nach dem Mosaischen Gesetz: Stacte, Räucherklaue, Galbanum u. Weihrauch, verbunden mit reinem Salz od. Salpeter; die Talmudisten fügen noch hinzu: Myrrhe, Cassia, Narde, Safran, Calmus, Zimmt u. Costus. Das Räucheropfer wurde im Heiligen, der Bundeslade gegenüber, auf einem besonderen Räucheraltar dargebracht. In der ältesten Christlichen Kirche war das R. als heidnisch verboten, daher diejenigen Christen, welche sich zur Zeit der Christenverfolgungen zum R. zwingen ließen, als Thurificati (s.d.) excommunicirt wurden. Als der Cultus in der Kirche seit dem 4. Jahrh. glanzvoller wurde, wurde auch das R. wieder eingeführt u. ist in der Katholischen Kirche beibehalten worden, wo die Heiligenbilder, die Reliquien, die Monstranz, einzuweihende Orte etc. beräuchert werden; bei Leichenbegängnissen wird auch das Rauchfaß dem Sarge vorgetragen u. derselbe vor dem Einsenken in die Gruft beräuchert. b) Um verdorbene Luft zu reinigen od. reine Luft vor Verderbniß zu bewahren, z.B. bei Seuchen, Nerven- od. Faulfiebern, der Cholera, wo sich Kranke der Art befinden. Es geschieht durch Entwickelung salzsaurer, od. oxygenirt-salzsaurer, od. salpetersaurer Dämpfe; die salpetersauren Dämpfe werden entwickelt, wenn auf Porzellanschalen 9 Theile Kochsalz mit 4 Thln. concentrirter Schwefelsäure übergossen werden; oxygenirt-salzsaure aber, wenn man 2 Thle. Kochsalz. u. 1 Thl. Braunsteinoxyd mit Schwefelsäure übergießt; u. salpetersaure dadurch, daß man Salpeter mit Schwefelsäure übergießt. Auch Chlorräucherungen sind zweckmäßig. An Orten, wo die Pest herrscht, werden Feuer auf offenen Straßen angezündet. c) Um die Wirkungen des Frostes zu hindern, z.B. in Weingärten u. Gärten zur Frühjahrs- u. Herbstzeit durch angezündete Schmauchfeuer mit Stroh, Laub, Quecken, Gerberlohe etc. Die Schmauchfeuer bringt man 30 bis 50 Schritte von einander entfernt in einer Reihe an. Es geschieht dies bes. bei hellem Wetter, um einen Rauch u. dadurch eine gegen Frost schützende Wolke zu erzeugen, welche sich, nachdem der Rauch in die Höhe gestiegen ist, auf den Weinberg herabsenkt u. dort eine wärmere Temperatur erzeugt. Zugleich kommen Käfer, Raupen u. Larven durch solche Räucherungen um. Das R. erfolgt in einigen Gegenden auf ein allgemeines Zeichen, an andern Orten nach eigenen Beobachtungen, sobald das Thermometer an dem niedrigsten Punkt der Gegend auf 1–11/2° unter 0 steht. In Frankreich zündet man Strohfackeln an u. durchläuft damit den Weinberg; d) um Topfgewächse von Insecten zu befreien; e) um einen Krankheitsstoff zu zertheilen an einzelnen Theilen des Körpers; f) um allerlei Dingen Dauer u. Haltbarkeit zu geben, z.B. Fleisch, Fische etc. Alles Fleisch, welches geräuchert werden soll (Rauchfleisch), muß vorher in Pöckel gelegt, od. mit geröstetem Salz u. Salpeter, welcher die aus dem Fleisch austretende Feuchtigkeit auflöst, tüchtig eingerieben werden, so Rindszungen, Speckseiten, Gänsebrüste, Schinken. Durch das R. erhält das Fleisch einen Überzug, welcher es vor dem Verderben schützt. Der Rauch darf nicht warm, sondern muß kalt daran kommen, weshalb man eigene Räucherkammern (s.d.) dazu hat, in denen man die zu räuchernden Gegenstände an Bindfaden od. kleinen Kettchen an den Fleischbäumen aufhängt, auch wohl die zu räuchernden Gegenstände mit Kleien bestreut u. mit Papier umwickelt. Zum R. dient grünes Reißholz von Tannen u. vorzüglich vom Wachholderstrauch; außerdem faules Holz, Sägespäne, auch wohl Pferdemist. Vom Torfrauch nimmt das Fleisch meistens einen unangenehmen Geschmack an. Zu lange darf das Fleisch nicht in dem Rauch hängen, indem es zwar dann haltbarer, aber auch zäher u. unverdaulicher wird; es ist genug, wenn es eine hellbraune Farbe erlangt hat. Das geräucherte Fleisch hängt man dann in einer lustigen Kammer auf, indem man es bald oben, bald unten aufhängt, dann legt man es schichtweise u. abwechselnd mit trockener, durchgesiebter Asche bestreut in Kisten, welche an einen trockenen, lustigen Ort gestellt werden. In Westfalen spundet man das Geräucherte Ende Mai in Fässer. Eine andere Methode Fleisch zu räuchern ist die mittelst Rauchdämpfen, wobei es in wenig Stunden gar geräuchert wird, nicht an Gewicht verliert u. an Wohlgeschmack gewinnt. Man legt das Fleisch in Wasser von 60° R., streut u. reibt es, wenn es durchwärmt ist, mit Salpeter u. Salz ein, überzieht dasselbe mit einer Rindsblase, worin es fest eingeschlossen wird, u. hängt es sogleich in heiße Rauchdämpfe. Die Vorrichtung zu den heißen Rauchdämpfen ist folgende: Über ein Casserolloch wird eine kleine Tonne ohne Boden gesetzt, durch welche die Dämpfe des Schmauchfeuers streichen müssen; oben in das Tönnchen wird die Blase mit dem Fleisch gehängt u. das Tönnchen mit einem Sack bedeckt. Das Casserolloch füllt man mit kleinen Kieselsteinen an u. heizt mit feuchtem Holze. Die Rauchdämpfe müssen wenigstens die Hitze des[847] kochenden Wassers behalten. Statt des R-s wendet man jetzt auch die Holzsäure an; doch weil da das Fleisch nicht durch den Rauch ausgetrocknet wird, so muß es nachher an einem trockenen Orte aufbewahrt werden, vgl. Holzessig unter Essig II. A). Bei der Räucherung auf nassem Wege nimmt man zu Würsten, Speck u. Schinken eines Schweins von 120 Pfd. Gewicht 1 Pfd. Glanzruß von reiner Holzfeuerung, kocht diesen in 8 Quart Wasser zur Hälfte ein, seiht es nach dem Erkalten durch u. fügt drei Hände voll Kochsalz zu. In diese Flüssigkeit legt man die Würste u. Fleischstücke je nach ihrer Größe 1/2–16 Stunden u. trocknet sie nach dem Herausnehmen an einem lustigen Orte.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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