Simĕon

Simĕon

Simĕon (Symeon, d.i. der Erhörte). I. Biblische Personen. 1) zweiter Sohn Jakobs u. der Lea, drang mit Levi in Sichem ein u. holte unter großen Gewaltthaten an den Sichemiten seine dort geschwächte Schwester Dina zurück (s.u. Sichem). S. soll die Veranlassung zu dem Vorschlag gewesen sein den Joseph umzubringen; da die andern Brüder dagegen waren u. S. die Ermordung erzwingen wollte, so soll ihm die Hand verdorrt, aber am 7. Tage wieder hergestellt worden sein. S. st. 120 Jahre alt u. wurde zu Hebron begraben. Die Söhne S-s waren: Nemuel, Jamin, Jachin (Jaris), Serah u. Saul. Beim Auszug aus Ägypten war der Stamm S. 59,300 Mann; davon kamen aber nur 22,200 in das Gelobte Land u. erhielten ihr Gebiet im Stamm Juda, u. zwar auf der südwestlichen Seite, so daß es in Norden an den Stamm Dan u. die Philister, in Westen an das Mittelmeer u. in Süden an Arabien grenzte; es gehörten dazu: Ziklag, Ether, Moladah, Rimmon, Charmah u. Bersaba. Die Rabbinen behaupten, die meisten Schriftgelehrten wären aus dem Stamme S. gewesen. 2) Nachkomme des Pinehas, Urahne der Makkabäer, Großvater des Matathias. 3) Frommer Greis in Jerusalem, nach Einigen Priester, nahm das Christuskind, als Joseph u. Maria dasselbe zur Darstellung in den Tempel brachten, auf seine Arme u. rief aus: Herr, nun lässest du deinen Diener in Friede fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen! Über diesen haben sich bes. in Beziehung auf den genannten Vorfall viele Sagen gebildet, so soll er blind gewesen sein u. beim Empfang Jesu sein Gesicht wieder erhalten haben; od. gleich nachdem er der Maria das Kind zurückgegeben hatte, gestorben sein. Einige halten ihn mit Simon, Hillels Sohn u. Gamaliels Lehrer, für einen u. denselben. 4) (Simon), Sohn des Klopas u. der Maria, der Schwester der heiligen Maria, einer der ersten Jünger Jesu. Nach Jakobus' Tod, 62 n. Chr., wurde er zum Vorsteher der Christlichen Kirche in Jerusalem gewählt. Während des Jüdischen Krieges hielt er sich in Pella auf u. kehrte erst nach der Zerstörung Jerusalems zurück. Unter Trajan wurde er, 129 Jahre alt, vor dem Statthalter Atticus gemartert u. 109 gekreuzigt. Die Römische Kirche feiert seinen Gedächtnißtag am 18. Febr., die Griechische den 27. April. II. Fürsten: A) König der Bulgaren: 5) S., Sohn Baldimers, studirte in Constantinopel u. wurde dann 888–927 (932) König der Bulgaren, s.d. B) Großfürst von Rußland: 6) S. der Stolze, Sohn Iwans I., regierte 1340–1353, s. Russisches Reich S. 521. III. Heilige: 7) St. S. (Symeon) der Syrer, od. Stylites, aus Sisan in Syrien, geb. 390 od. 391; Anfangs Hirt, ging in früher Jugend in ein Kloster, erst in seiner Heimath, dann in das des St. Eusebonas bei Teleda, wo er sich der strengsten Ascese unterwarf; er verließ dasselbe wieder u. begab sich nach Telanessa bei Antiochien auf einen einsamen Berg, wo er als Einsiedler mit Beobachtung der strengsten Fasten in einer engen Hütte (Mandra) lebte, u. schloß sich mit einer Kette in einer Mauer ein. Um dem Himmel schon im Leben möglichst nahe zu sein, erfand er um 420 eine eigene Ascese, indem er auf einer Säule (Stylos, daher sein Beiname), welche 3 Fuß im Umfang hatte u. 6 Ellen hoch war, endlich bis zu 36. Ellen hoch u. 2 Ellen im Umfang gebracht wurde, Tag u. Nacht lebte, betete u. schlief, predigte u. richtete u. 459 starb. Seinen Leichnam nahmen die Antiochener in ihre Stadt auf u. hielten ihn für ihren Schützer statt der Mauern. Sein Tag ist der 5. Januar. Weil die Simeonische Ascese Beifall gefunden hatte, so folgten ihm in derselben viele Andere nach, welche man Stationer (Säulenheilige, Styliten, s.d.) nannte; vgl. G. Lautensack, De Simeone Stylita, Wittenb. 1700. 8) S. der Jüngere, ebenfalls Stylit, wurde zu dieser Lebensweise schon im zarten Knabenalter von dem Styliten Johannes eingeweiht; er stand seit 527 auf einer Säule gegenüber dem Johannes u. st. 595. IV. Geistliche: 9) S. Gnapheus, Bischof von Seleukia u. Ktesiphon, im 3. u. 4. Jahrh.; bei König Sapor II. von Persien des Staatsverraths angeklagt, wurde er in das Gefängniß geworfen u. 343 hingerichtet. 10) S. Sophistes, Bischof von Arsamopolis, 510–525, bekehrte viele vornehme Perser zum Christenthum, machte sich aber den Orthodoxen durch die Annahme des Henotikon des Zeno verdächtig. Er schr.: Anaphora, in syrischer Sprache, lat. von Renaudot, im 2. Theil der Liturgia orientalis. 11) S., Vorsteher eines Klosters[111] beim Berg Athos, im 14. Jahrh., vornehmster Urheber u. Vorgänger der älteren Quietisten; sein Gefährte war G. Palamas, sein Gegner Barlaam, auf der Constantinopolitanischen Synode 1341 wurde er losgesprochen. 12) S., Mönch in Trapezunt, im 15. Jahrh.; er brachte die Klerisei auf seine Seite u. leitete eine Anklage gegen den Patriarchen Marcus Xylokarabes von Constantinopel ein, als habe derselbe sein Amt von den Türken um Geld erkauft. Obgleich unschuldig, wurde der Beklagte abgesetzt u. S. an seine Stelle zum Patriarchen von Constantinopel gewählt. Aber nicht lange darauf trat er wieder aus seiner Stelle, indem er 2000 Ducaten von der Sultanin Mutter annahm u. dafür deren Günstling Dionysios seinen Platz einräumte. 13) S., Erzbischof von Thessalonich, Anfangs des 15. Jahrh., war Beförderer des Mönchthums, Gegner der Lateinischen Kirche u. ein tapfrer Patriot, welcher seine Vaterstadt lange gegen die Türken hielt u. 1430, 6 Monate vor der Eroberung, starb. Er schr. u.a.: κατὰ αἱρέσεων καὶ περὶ τῆς μόνης ὀρϑῆς τῶν Χρισιιανῶν ἡμῶν πίστεως, Jassy 1683; De templo divino, De templi ministris etc., herausgegeben zum Theil von J. Pontanus, Ingolst. 1603, u. von J. Goar im Rituale Graecorum, Par. 1647, u. v. a.; vgl. Leo Allatius, De Simeonum scriptis, Par. 1664. 14) S., geb. 1628 zu Polotsk, seit 1667 Erzieher des Thronfolgers Feodor Alexander; st. zu Ende des 17. Jahrh. Er war der erste Geistliche in Rußland, welcher seine Predigten frei vortrug, u. schr. u.a.: Stab der Regierung, 1688; übersetzte die Psalmen metrisch, war auch Dichter. V. Gelehrte: 15) S. (Simeon) Ben Jochai (Jochaides), auch S. Ben Schedai, jüdischer Rabbiner des 2. Jahrh. n. Chr., war einer der Häupter der Schule zu Jamnia, wo sich die aus den Verfolgungen nach dem Bar-Kochba'schen Aufstande entronnenen Rabbiner sammelten. Er erhielt um 140 eine Mission an den Kaiser Antoninus Pius nach Rom, um die Zurücknahme der harten Maßregeln gegen die Juden zu erwirken, was ihm auch (angeblich durch eine Wunderheilung der kranken Tochter des Kaisers) gelang. Als er nachmals, um 150, in seiner rigoristischen Weise gegen das Römerwesen als ein heidnisches u. weltliches sich in der Schule hart geäußert hatte, wurde er angezeigt u. zum Tode verurtheilt, entfloh aber mit seinem Sohne u. hielt sich in einer Höhle auf, wo er die Kabbala studirte. Nach dem Tode des Kaisers Antoninus (161) verließ er sein Versteck u. eröffnete eine Privatschule in Thekoa; endlich fand er sich auch in Tiberias, dem damaligen Sitze der Hohen Schule, ein u. starb hier. S. hielt streng am Gesetz u. war eifrig für die Fortbildung der Mischna, aber unzugängig für andere Ansichten. Aus seinen Studien der Kabbala während seiner Flucht entstand das Buch Sohar u. angeblich auch das Buch Jezirah (s. b.), Hauptquellen der kabbalistischen Philosophie. 16) S. Metaphrastes, byzantinischer Schriftsteller, lebte als Staatsbeamter in Constantinopel, nach Einigen zu Anfang des 10. Jahrh. unter Leo Philosophus u. Constantinus Porphyrogenitus als Logothetes u. Magister Palatii, nach And. in der Mitte des 12. Jahrh. unter Johannes Comnenus. Er sammelte u. überarbeitete die Märtyrer- u. Heiligengeschichte (Metaphrasen, vgl. Legende), welche theils in der Sammlung des Surius, theils in den, Acta Sanctorum aufgenommen, theils noch ungedruckt sind; außerdem schrieb er Epistolae, Carmina politica et iambica, Oratio in lamentationem Deiparae, Sermones, Hymnen; ihm wird auch beigelegt ein Chronicon (von Erschaffung der Welt bis 962), welches ein Anonymus bis 1059 fortsetzte; nur ein Theil bis 962 von Leo Armenios ist herausgegeben von Combesis in Scriptores byzant. post Theophanem, Par. 1685, S. 400 ff. 17) S. Sethos (Seth), griechischer Arzt aus Antiochien (daher Magister Antiochiae) genannt, lebte gegen das Ende des 11. Jahrh. in Constantinopel u. später von da vertrieben in einem Kloster des thracischen Olympus; sein Werk: Περὶ τροφῶν δυνάμεων, dem Kaiser Michael Dukas dedicirt, ist ein Kochbuch, in welchem alphabetisch die gewöhnlichen Speisen aufgeführt u. deren Nutzen od. Schädlichkeit gezeigt ist, ganz od. großentheils dem M. Psellos entlehnt, herausgegeben griechisch u. lateinisch von G. Gyraldus, Bas. 1538, von M. Bogdanus, Par. 1658, im 2. Bd. von Idelers Physici et medici graeci minores, Berl. 1842. VI. Staatsmann: 18) S., vom constantinopolitanischen Hofe abgeschickt, die Paulicianer zu verfolgen, ward er von der Standhaftigkeit so ergriffen, daß er selbst ein Verehrer ihres Glaubens wurde u. nicht wieder nach Constantinopel zurückkehrte; s.u. Paulicianer.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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