Veräußerung

Veräußerung

Veräußerung (lat. Alienatio), 1) im weitesten Sinne jede Positive od. negative Handlung, wodurch man ein Recht aufgibt, so daß z.B. auch ein Verzicht darunter fällt; 2) im engeren Sinne die freiwillige Übertragung eines Rechtes, insbes. des Eigenthums, auf einen Andern. Wird ein Recht ganz in derselben Form auf einen Andern übertragen, in welcher es bisher dem Veräußernden selbst zustand, so heißt dies Alienatio translativa; dagegen wenn das Recht, dessen man sich entäußert, bei dem Erwerber in einer ganz andern Natur od. Form erscheint, als vor der V., Al. constitutiva, wie z.B. bei der Einräumung einer Servitut od. eines Pfandrechts. Die V. kommt sowohl bei Sachenrechten, als bei Forderungen u. in Anwendung auf Erbschaften vor. Bei den Forderungen tritt sie aber unter den besonderen Begriff der Cession (s.d.); bei der Erbschaft bildet die V. ebenfalls ein ganz besonderes Rechtsgeschäft mit eigenthümlichen Wirkungen, so daß sich gemeinsame Grundsätze nur über die V. von Sachenrechten aufstellen lassen. Eine giltige V. setzt zunächst A) das Vorhandensein einer Veräußerungsbefugniß voraus. Diese beruht darin, daß da, wo es der Übertragung eines Rechtes gilt, dieses Recht selbst, aber da, wo vermöge eines Rechtes ein anderes constituirt werden soll, jenes dem Veräußernden selbst in diesem Umfange zugestanden haben muß. Hiervon gibt es jedoch auch Ausnahmen, bes. a) bei V-en, welche der Fiscus od. Regent mit Sachen Anderer vornimmt, indem solchenfalls für die bisher daran Berechtigten alle Rechte daran erlöschen u. sie nur auf eine vier Jahre dauernde Entschädigungsklage beschränkt sind; u. b) in den Fällen, wo richterliche Adjudication die Stelle der V. vertritt, z.B. bei den Theilungsklagen. Nur scheinbare Ausnahmen bilden dagegen die Fälle einer V. zum Zwecke der Hülfsvollstreckung durch das Gericht, od. wenn ein Gläubiger das ihm gegebene Faustpfand, od. ein Vormund Sachen des Mündels veräußert, da diese Fälle sich nach den Grundsätzen des Mandates u. der Vertretung einer Person durch die andere erklären. B) Ein der V. fähiges Object. In wie weit ein Recht der B. fähig sei, ist nach der Natur der einzelnen Rechte sehr verschieden. Manche höchstpersönliche Rechte (Jura personalissima), z.B. das Heimathsrecht, lassen eine Trennung von der Person, welcher sie ursprünglich erwachsen sind, gar nicht zu u. können deshalb auch nicht veräußert werden; andere lassen nur eine V. des Rechtes der Ausübung (Exercitium), nicht des Rechtes selbst zu, z.B. der Ususfructus (s.d.). Dagegen sind die reinen Vermögensrechte der Regel nach unbeschränkt veräußerlich, natürlich immer nur in dem Umfang u. in der rechtlichen Beschaffenheit, wie es bei dem Veräußerer bestand; auch hört bei V. eines bedingtes Rechtes das Recht bei dem neuen Erwerber von selbst auf, sobald die Bedingung, unter welcher es der früher Berechtigte besaß, dahinfällt. Abgesehen davon werden noch weitere Ausnahmen durch die mannigfachen Veräußerungsverbote gebildet. Dieselben können auf Gesetz, auf richterlicher Vorschrift, auf einem Testament od. Vertrag beruhen u. äußern hiernach selbst wieder verschiedene Wirkungen. a) Gesetzliche Veräußerungsverbote bestehen gemeinrechtlich aa) hinsichtlich der Res litigiosae, d.h. der in einem Processe befangenen Sachen; bb) für den Ehemann hinsichtlich der ihm zur Dos überlassenen Grundstücke der Ehefrau, insofern sie ihm nicht Venditionis gratia taxirt übergeben wurden (s.u. Dos); cc) für Vormünder u. Curatoren hinsichtlich der Güter ihrer Pflegebefohlenen, welche sie, mit Ausnahme von unbedeutenden, unbrauchbaren u. der Aufbewahrung nicht fähigen Gegenständen, von Früchten u. den jährlichen nicht über zwei Jahre rückständigen Gefällen, nur nach Ertheilung eines vormundschaftlichen Decretes, welches ein dringendes Bedürfniß der V. voraussetzt, veräußern dürfen; dd) nach deutschen Reichsgesetzen in Betreff von Früchten auf dem Halme, welche nicht anders als um den Preis, den die Früchte entweder zur Zeit des Contracts od. 14 Tage nach der Ernte haben, verkauft werden dürfen. Neuerdings haben sich die gesetzlichen Veräußerungsverbote aus polizeilichen, finanziellen u. Staatsrücksichten sehr vermehrt, z.B. Getreide-, Pferdeausfuhrverbote u. dgl. Ein gesetzliches Veräußerungsverbot macht eine dennoch vorgenommene V. zu einer nichtigen; das Geschäft selbst kann aber, insofern es nicht selbst verboten ist, doch alle Wirkungen eines rechtsgiltigen Geschäftes, die neben der Nichtigkeit der V. selbst bestehen können, haben, so daß z.B. zwar nicht auf Übergabe der Sache, wohl aber auf Schadensersatz, Evictionsleistung[447] etc. geklagt werben kann. Dasselbe gilt b) bei den richterlichen Veräußerungsverboten. Ein solches kann entweder darauf beruhen, daß dem Veräußernden vermöge richterlichen Decrets überhaupt alle u. jede Disposition über sein Vermögen entzogen ist, z.B. einem Verschwender od. Cridar; od. daß sich das Veräußerungsverbot nur auf einzelne Gegenstände zur Sicherheit einzelner Gläubiger erstreckt; z.B. bei dem Arrest, c) Ein Veräußerungsverbot aus letztwilliger Verfügung gilt, wenn bei der Erhaltung desselben Niemand ein rechtliches Interesse hat, rechtlich als bedeutungslos. Im andern Falle ist das Verbot wirksam; eine Nichtigkeit der V. tritt jedoch nur dann ein, wenn der Testator zum Vortheil einer bestimmten Person seine eigene Sache zu veräußern verboten hat, indem solchenfalls das Veräußerungsverbot zugleich die Anordnung eines Vermächtnisses enthält, so wie dann, wenn Vormündern im Interesse des honorirten Mündels die V. untersagt wurde, im Übrigen hat der durch Nichtbeachtung des Veräußerungsverbotes Betroffene nur einen Anspruch auf Entschädigung. d) Bei dem vertragsmäßigen Veräußerungsverbot (Pactum de non alienando) wird zur Wirksamkeit desselben ebenfalls vorausgesetzt, daß der, mit welchem der Eigentümer einen solchen Vertrag eingegangen, bei dessen Einhaltung ein rechtliches Interesse habe. Ist ein solches vorhanden, so hat doch die Übertretung des Veräußerungsverbotes immer nur einen Entschädigungsanspruch des verletzten Contrahenten zur Folge. Dies ist selbst dann nicht anders, wenn wegen der aus dem Pactum de non alienando entspringenden Rechte an dem Gegenstände, dessen Veräußerung untersagt ist, ein Pfandrecht bestellt wurde; nur kann in diesem Falle unter den gewöhnlichen Voraussetzungen auch gegen den dritten Besitzer der Sache von der hypothekarischen Klage Gebrauch gemacht werden. In der Regel hängt die V. von dem freien Willen des Eigentümers ab. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die V. erzwungen werden kann, z.B. in Folge der Provocation eines Miteigenthümers auf Theilung einer gemeinschaftlichen Sache, zur Realisirung eines an der Sachehaftenden Pfandrechts, sowie bei der Expropriation (s.d.). Über die Veräußerlichkeit der Domänen s.d.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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