Virchow

Virchow

Virchow, Rudolf, geb. 1821 zu Köslin in Pommern, studirte 1839–43 auf der Pépinière in Berlin Medicin, wurde dann Unterarzt in der dortigen Charité, 1846 Prosector daselbst u. hielt als Privatdocent Vorlesungen über chirurgische u. pathologische Anatomie an der Universität. Im Febr. 1848 ward er vom Ministerium des Cultus u. der Medicinalangelegenheiten nach Oberschlesien gesandt, um die dort ausgebrochene Hungertyphusepidemie zu studiren. Durch seine politisch liberale Richtung mit der Regierung in mehrfache Conflicte gekommen, verließ er, seiner Stelle als Professor entsetzt, im Sept. 1849 Berlin u. siedelte nach Würzburg über, wo er die Professur der pathologischen Anatomie übernahm; 1852 ging er im Auftrag der baierischen Regierung in den Spessart. um über die Ursachen der daselbst ausgebrochenen Hungersnoth zu berichten; 1856 wurde er nach Berlin zurückberufen, wo er die Professur der pathologischen Anatomie u. die Leitung des Pathologischen Instituts an der Charité erhielt. Im Herbst 1859 unternahm er auf Veranlassung der norwegischen Regierung eine längere Reise durch die westlichen Provinzen Norwegens, um den dort herrschenden Aussatz zu beobachten. Von dort zurückgekehrt wurde er ins Berliner Stadtverordnetencollegium gewählt, wo er sehr bald eine bedeutsame Stellung einnahm, wie er auch als eines der hervorragendsten Mitglieder der Deutschen Fortschrittspartei u. des Nationalvereins das Berliner Centralwahlcomité mit begründete. Im Herbst 1861 wurde er vom Wahlkreis Saarbrück-Saarlouis in das Preußische Abgeordnetenhaus u. nach dessen Auflösung im Frühjahr 1862 u. im Herbst 1863 von dem nämlichen Wahlkreis wieder gewählt. Dort gehörte er der Deutschen Fortschrittspartei an, zeichnete sich namentlich als thätiges Mitglied der Budgetcommission aus u. suchte bes. den Zusammenhang der beiden großen Fractionen der liberalen Majorität (Fortschrittspartei u. Fraction Bockum-Dolffs) aufrecht zu erhalten. Als Anatom u. Physiolog hat er sich namentlich durch seine Behandlung u. Anwendung des Mikroskops u. die Begründung der Cellularphysiologie große Verdienste erworben. Er schr.: De rheumate praesertim corneae, Berl. 1843; Mittheilungen über den Hungertyphus in Oberschlesien, ebd. 1848; Einheitsbestrebungen in der wissenschaftlichen Medicin, ebd. 1849; Die Noth im Spessart, Würzburg 1852; Handbuch der speciellen Pathologie u. Therapie, Erl. 1854–62, 3 Bde.; Gesammelte Abhandlungen zur wissenschaftlichen Medicin, Frankf. a. M. 1856, 2. A. Berl. 1862; Untersuchungen über die Entwickelung des Schädelgrundes, Berl. 1857; Die Cellularpathologie in ihrer Begründung aus physiologische u. pathologische Gewebelehre, ebd. 1858, 2. A. ebd. 1859; Über die Natur der constitutionell-syphilitischen Affectionen. ebd. 1859; Goethe als Naturforscher, ebd. 1861; Vorlesungen über Pathologie, ebd. 1862. 2 Bde.; Vier Reden über Leben u. Kranksein, ebd. 1862; Darstellung von der Lehre der Trichinen mit Rücksicht auf die dadurch gebotenen Vorsichtsmaßregeln, ebd. 1864. Außerdem gründete er mit B. Reinhardt das Archiv für pathologische Anatomie u. Physiologie u. für klinische Medicin 1847 ff.; gab heraus die Wochenschrift Medicinische Reform 1848 f., u. ist Mitredacteur des Canstattschen Jahresberichts über die Fortschritte der Medicin in allen Ländern.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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