Xenophănes

Xenophănes

Xenophănes, aus Kolophon, im 6. u. 5. Jahrh. v. Chr., Zeitgenoß des Anaximander u. Pythagoras; verließ sein Vaterland, ging über Ägypten nach Sicilien, Zankle u. Catania, um 536 nach Elea in Unteritalien, wo er die Eleatische Schule gründete; er soll 90 od. 100 Jahre alt geworden u. um 480 gestorben[455] sein. Seine Lehren widerstrebten dem religiösen Volksglauben mehr, als die anderer Philosophen; seine Theologie war reiner Pantheismus; seine praktischen Lehren, welche noch an die der Sieben Weisen erinnern, schrieb X. in Versen in dem Ionischen, mit Dorismen vermengten Dialekt, auf u. trug sie nach der Weise der Rhapsoden selbst vor. Seine Philosophie war nicht skeptisch, sondern dogmatisch, doch nicht streng, indem er seinen Meinungen nur Wahrscheinlichkeit, nicht absolute Gewißheit beilegte. Indem er mit Andern behauptete, daß Nichts aus Nichts entstehe, u. läugnete, daß Etwas aus einem Anderen entstehe, hob er den Begriff des Entstehens u. Vergehens gänzlich auf. Daraus schloß er weiter, daß alles Existirende ewig u. unveränderlich sei, weil eben nichts entstehen u. vergehen könne, jede Veränderung aber ein Untergehen des Einen u. ein Entstehen des Anderen wäre; daß es nicht nach sinnlicher Erscheinung eine Vielheit einzelner u. unveränderlicher Dinge, sondern nur Eins, das All, gäbe; dies Eine sei das Vollkommenste, die Gottheit; deshalb aber könne es auch nicht mehre Götter geben, sondern die Gottheit sei einzig, mit Intelligenz u. einer Alles überwältigenden Thätigkeit begabt, weder endlich, noch unendlich, weder beweglich, noch unbeweglich, sich durchaus gleich u. ähnlich (kugelrund). Damit stimmen Lehren nicht, wie sie in andern, freilich zweifelhaften Fragmenten ihm beigelegter Schriften vorgetragen werden, nämlich daß Alles aus Erde (u. Wasser) entstanden sei u. wieder in Erde aufgelöst werde. Er glaubte an eine Veränderung der Oberfläche der Erde durch Wasser u. hielt den Mond für einen bewohnten Weltkörper. Die Voraussage der Zukunft läugnete er u. hielt überhaupt alles menschliche Wissen für ungewiß. Die Grundsätze des X. wurden von seinen Schülern (s. Eleatische Schule), bes. von Parmenides, weiter entwickelt u. dabei hauptsächlich das Speculative von dem Empirischen genauer geschieden. Fragmente seiner Gedichte, namentlich Περὶ φύσεως, sind gesammelt in H. Stephanus Poesis philosophica, Par. 1573; mit Übersetzung in Fülleborns Beiträgen zur Geschichte der Philosophie, Züllichau 1791 ff., St. 1 u. 7; von Brandis in Commentationes Eleaticae, Altona 1813; von Karsten in Philosophorum veterum reliquiae, Brüss. 1830; in Schneidewins Elegiaci graeci, 1838; deutsch in Webers Elegische Dichter der Hellenen, Frankf. 1826. Vgl. T. Roschmann, De Xenophane, Altdorf 1729; L. Berg, De Xenophane Coloph., Heidelb. 1842; Brandis, Xenophanis doctrina, Alt. 1815.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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