Zend [1]

Zend [1]

Zend (d.i. nach Ein. Sprache der Städte, nach And. Bestehendes od. Reform, nach And. Kenntniß, Erkenntniß), die Sprache, in welcher sich die unter dem Namen Zend-Avesta (s.d.) bekannten Reste der heiligen Bücher der alten Parsen (s.u. Zoroaster) erhalten haben; eigentlich sollte sie nach dem Lande, wo sie gesprochen wurde, die Baktrische Sprache genannt werden. Sie gehört zum Indogermanischen Sprachstamme u. neben dem Altpersischen, Pehlwi, Parsi u. Neupersischen zu der Iranischen Familie, welche mit den Indischen Sprachen die Arische Gruppe bildet. Das Verdienst diese lange verloren gewesene Sprache wieder aufgefunden u. ans Licht gezogen zu haben gebührt dem Franzosen Anquetil du Perron, welcher unter den, in Guzurate übriggebliebenen Parsen selbst Abschriften des Zend-Avesta sich verschaffte u. mit Hülfe der Priester den Inhalt derselben zu entziffern suchte. Von ihm rührt auch die, allerdings unpassende Benennung der Sprache her, da der Name Z. nur den Schriften od. vielmehr blos einem Theile derselben zukommt. Anfangs erhoben sich von Seiten der europäischen Gelehrten Widersprüche sowohl gegen die Echtheit u. das Alter der Schriften, als auch gegen die Selbständigkeit u. Volksthümlichkeit der Sprache. So behauptete namentlich Erskine, das Z. sei niemals Volkssprache gewesen, sondern als ein Dialekt des Sanskrit aus Indien zum religiösen Gebrauch eingeführt worden. Die Vertheidigung des Z. wurde zuerst von Rask unternommen, welcher die behaupteten Vorzüge des Sanskrit zum Theil für das Z. in Auspruch nahm. Seitdem haben die Forschungen von Burnouf, Bopp, Brockhaus, Spiegel, Haug u. A. den Charakter u. die Beziehungen des Z. außer Zweifel gestellt. Dem Z. muß in der Reihe der Indogermanischen Sprachen eine ähnliche sprachliche Selbständigkeit eingeräumt werden, wie dem Lateinischen gegenüber dem Griechischen, od. dem Altnordischen in Beziehung zum Gothischen. Für die Charakterisirung des Z. darf man nicht vergessen, daß es weder eine Sprache ist, welche bei dem Aufhören ihres Gebrauchs eben in wilder Auflösung begriffen gewesen sei u. die grammatischen Formen verwirrt habe, noch auch so fest u. genau geregelt war, daß man alles nach den strengen Gesetzen der nationalen Sanskritgrammatiker erklären kann; sie ist vielmehr eine Sprache, welche, ähnlich dem Homerischen Griechisch u. dem Vedischen Sanskrit, im Werden begriffen u. noch ehe sie fest grammatisch ausgebildet war dem Verfall entgegeneilte. Die Sprachbildung ist bei Weitem einfacher als das Sanskrit, zeigt weniger Consequenz, daher große Lücken. Freilich beruht die Kenntniß des Z. auf einem sehr geringen Material, u. auch dieses ist noch nicht nach allen Seiten hin erschöpft worden. Unter den Parsen ist die Sprache gänzlich unbekannt. Nun ist zwar der Zend-Avesta schon im 3. od. 4. Jahrh. n. Chr. in das Pehlwi übersetzt worden, allein theils ist auch die Kenntniß dieser Sprache allmälig den Priestern ziemlich entschlüpft, u. die europäische Wissenschaft ist über das Wesen derselben noch im Dunkel; theils war damals das Z. keine lebende Sprache mehr. Den sichersten Anhaltepunkt bilden zwei von Anquetil nach Paris mitgebrachte Exemplare des Izeschneh, worin dem Z. eine Sanskritübersetzung zur Seite steht. Die Schrift läuft horizontal von der Rechten zur Linken. Das Z. hat 9 Vocale, 6 Diphthonge, 25 Consonanten; für diese 40 Laute aber existiren 51 Buchstaben. Vocale: Zend [1] ă, Zend [1] ĕ, Zend [1] ē, Zend [1] ā, Zend [1] ĭ, Zend [1] ī, Zend [1] u, Zend [1] o, Zend [1] ū; Diphtonge: Zend [1], Zend [1] ē, Zend [1] ō, die andern ōi, āi, āo, āu werden mit den einfachen zusammengesetzt ausgedrückt; Consonanten: Gutturale: Zend [1] k vor Vocalen, Zend [1] k vor Consonanten, Zend [1] g, Zend [1] gh; Palatine: Zend [1] tsch, Zend [1] dsch; Dentale: Zend [1] t vor Vocalen, Zend [1] t vor Consonanten u. am Ende, Zend [1] th, Zend [1] d, Zend [1] dh; Labiale: Zend [1] p, Zend [1] f, Zend [1] b; Halbvocale: Zend [1], Zend [1] y im Anfang, Zend [1] y in der Mitte, Zend [1], Zend [1] r, Zend [1] v im Anfang, Zend [1] v in der Mitte, Zend [1] w; Zischlaute: Zend [1] s, Zend [1] sh, Zend [1] sch, Zend [1] z, Zend [1] h; Nasale: Zend [1] n vor Vocalen, Halbvocalen u. am Ende, Zend [1] n vor starken Consonanten, Zend [1] n vor Zischlauten, h, th, f, m u. n, Zend [1] zwischen a u. h, Zend [1] n zwischen i, ē u. h, Zend [1] m. Das Nomen hat eine dreifache Geschlechtsbezeichnung, drei Numeri (Singular, Plural u. Dual), acht Casus (nämlich außer den im Lateinischen bestehenden, noch einen Instrumentalis u. Locativus). Bei Wortbildungssuffixen führt das Z. gewöhnlich die starke Form durch alle Casus. Im Singular ist die Nominativform für das Mascul. s, für das Femin. ā, i, s, für das Neutrum a, i, u, s, m, t; der Accus. Mascul. u. Femin. hat m, das Neutrum bleibt unverändert; Instrument. u. Dativ āi u. ē; Ablat. t u. at; Genit. s; Locat. i; der Vocativ unterliegt gewöhnlich nur der durch Guna (s.d.) hervorgebrachten Veränderung. Die Dualendungen sind für Nominat., Accusat. u. Vocat. âo, für Instrument., Dat., Ablat. bya; der Genit. u. Locat. scheint nicht vorzukommen. Im Plural lautet der Nominat. u. Vocat. as, ō, ē, ōi, im Neutr. ă, eben so im Accusat, der Accusat. n, an, ō, s; Instrument. bīs; Dat. u. Ablat. byō; Genit. anm; Locat. sva. Die Adjectiva folgen in ihrer Formation den Substantiven. Der Comparativ wird gebildet durch die Form tara, der Superlativ durch tĕma; auch das comparative is wird gefunden. Die Cardinalzahlen von 1–10 lauten: aēva, dva (doje, dnyē), thri (tisarō), tschathwār, pantschan, skevas, haptan, astan, navan, dasan. Die kleineren Zahlen von 11–20 verbinden sich mit dem Ausdruck für 10, dvadasan 12. Der Begriff der Zehnheit wird durch saiti, sata od. ti ausgedrückt u. die damit zusammengesetzten Wörter sind Substantive mit singularischen Endungen, zu denen der gezählte Gegenstand in den Genitiv gesetzt wird; 100 satĕm. Die Ordinalia zeigen die Form thō u. in Zusammensetzungen ein bloßes a.[573] In der Bildung des persönlichen Pronomen erster u. zweiter Person schließt sich das Z. eng an das Sanskrit an; das der dritten Person lautet u. hōi. In den übrigen Pronominen stimmt das Z. ziemlich genau mit dem Sanskrit; im Interrogativ ergänzen sie sich gegenseitig; das Relativ wird nicht selten in demonstrativer Bedeutung gebraucht. Was das Verbum anlangt, so hat das Z. sich die uralte Reflexivform, welche dem sanskritischen Atmanepadam entspricht, bewahrt. Das Passivum wird unmittelbar aus der Wurzel gebildet, eben so wie das Causale, Desiderativum u. Intensivum; das Medium u. Activum unterscheiden sich von einander nur durch Erweiterung der Personalendungen. Modi bestehen sechs, Indicativ, Potentialis, Imperativ, Precativ, Conditionalis u. der (seltene) Conjunctiv. Der Indicativ hat fünf Tempora, Präsens, Futurum u. drei Präterita. Die anderen Modi haben nur ein Tempus. Hinsichtlich der Personalbezeichnungen zerfallen die Tempora u. Modi in zwei Klassen, die eine hat vollere, die andere stumpfere Endungen. Zu jenen gehören das Präsens, Futurum u. reduplicirte Präteritum, zu diesen die Augmentpräterita u. alle nicht indicativen Modi. Grammatiken von J. Pietraszewski, Berl. 1861; von M. Haug, Bombay 1862; Bopp, Vergleichende Grammatik, Berl. 1833 ff. Vgl. Paul a St. Bartholomäo, De antiquitate et affinitate linguae Zendicae, Samscrudamicae et Germanicae, Rom 1798; Rask, Über das Alter u. die Echtheit der Zendsprache, übersetzt von v. d. Hagen, Berl. 1826; P. v. Bohlen, Commentatio de origine linguae Zendicae, Königsb. 1831.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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