Gewere

Gewere

Gewere (Were, Saisine), nach älterem deutschen Rechte die factische Möglichkeit über ein Recht zu verfügen, wenn sie mit dem Rechte verbunden ist, den Schutz des Richters gegen jeden Dritten für sie in Anspruch zu nehmen. Das ältere Recht nimmt an, daß der Besitzer in diesem Sinne nicht nothwendig des Schutzes eines Dritten, welcher ihm etwa die Sache übertragen hat, zur Vertheidigung seines Rechtes bedarf, sondern daß derselbe wegen der Beschaffenheit seines Besitzrechtes von dem Richter geschützt (gewehrt) wird. Man unterscheidet: vollkommene (eigenthümliche, eigentliche, eigene) G., wenn das bezeichnete Recht einer Sache ungetheilt einer Person zusteht; u. unvollkommene (juristische, ideelle, G., wenn die G. zugleich verschiedenen Personen so zustehen, daß einzelne Nutzungsrechte aus dem gesammten Rechte an der Sache abgelöst u. als selbständige Befugnisse bestellt sind, ohne daß doch dadurch die G. im eigentlichen Sinne aufgehoben würde. Die unvollkommene G. kommt vor, wenn der Eigenthümer einem andern die G. u. Nutzung einer Liegenschaft überließ, während er nur einzelne Rechte sich reservirte, z.B. bei dem Lehns- u. Zinsmann, wo von Nutzgewer im Gegensatz der Eigengewer gesprochen wurde; wenn der Eigenthümer einen Andern in die G. eines Gutes od. einer Gesammtheit von Sachen dadurch aufnahm, daß man ihm einzelne Rechte, z.B. durch Setzen eines Zinses, gewährte; auch durch Gesetz, indem z.B. den Erben auch ohne Besitz der Güter eine G. daran gesichert wird; od. durch richterliches Urtheil. Ledigliche G. heißt die G., wenn damit der Gegensatz eines Besitzes in fremdem Namen bezeichnet werden soll. Vgl. Albrecht, Die G. als Grundlage des älteren Deutschen Sachenrechtes, Königsb. 1828. Für das neuere Deutsche Recht haben die älteren Grundsätze über G. nur wenig praktische Bedeutung mehr, indem auch in dieser Beziehung das Römische Recht die deutschen Rechtsbestimmungen überwuchert hat.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Gewere — (Gewehre, Gewäre, Gewähre, Were, Warandia, von althochdeutsch Werjan, bekleiden ), in der älteren deutschen Rechtssprache der Schutz, welchen der Richter jemandem in Beziehung auf Sachen gewährte, oder das von dem Richter geschützte… …   Deutsch Wikipedia

  • Gewere — Gewere,   zentraler Begriff des germanischen und mittelalterlichen Sachenrechts, der quellenmäßig als »gewere« oder »giwerida« (lateinisch vestitura oder investitura) auftritt und die tatsächliche oder symbolische Einweisung in den Besitz einer… …   Universal-Lexikon

  • Gewere — (Were; giwerî, giwerida, v. althochd. werjan, got. vasjan, bekleiden, einkleiden, entspricht dem lat. vestitura, investitura), in der germanischen Rechtssprache ursprünglich Einweisung in den Besitz eines Grundstückes, dann der Besitz einer Sache …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Gewere — Gewēre, im ältern Recht s.v.w. Besitz, Besitztum …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Gewere — (von wern, wehren, vestire, defendere), im altdeutschen Recht zuerst Einweisung in den Besitz eines Grundstückes (vestitura als Folge der Salung, Auflassung), dann thatsächl. Herrschaft über ein Grundstück, zuweilen auch das Grundstück selbst,… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Gewere — 1. Eigen Gewere macht Herren. – Graf, 93, 143. Von der Wichtigkeit, welche der Grundbesitz für die bürgerliche Stellung hat. Altfries.: Ayn wera maket Hera. (Sprenger I, 21.) Holl.: Eigen grond maakt eenen heer. (Harrebomée, I, 260.) 2. Gewer… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • gewere — zurechtkommen …   Hunsrückisch-Hochdeutsch

  • Gewere — Ge|we|re, die; (besonders im Mittelalter Herrschaftsrecht über Personen und Sachen) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Владение GEWERE — в средневековой Германии институт владения, которое защищалось особыми исками независимо от желания владельца относиться к вещи как к своей собственной …   Словарь терминов (глоссарий) по истории государства и права зарубежных стран

  • Lehn — 1. Das Lehn ist der Ritter Sold. – Graf, 558, 40. Dadurch unterscheidet sich das Lehn aufs deutlichste von der Satzung, dass sich jenes auf ein Treu und Dienstverhältniss zwischen Herr und Mann gründet. Satzung verlangt keine Dienstleistung durch …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

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