Sympathetische Curen

Sympathetische Curen

Sympathetische Curen, diejenigen Heilungen von Krankheiten, welche nicht durch die Einwirkung von Arznei- u. andern allgemein bekannten Heilmitteln, sondern durch eine, noch geheimnißvolle, vielleicht dem Thierischen Magnetismus ähnlich wirkende Kraft solcher Körper geschehen, welche mit dem Kranken bald in eine unmittelbare Berührung kommen, bald auch nicht. Als die hier wirksame Kraft nahm man eine Sympathie des Menschen- od. Thierkörpers mit Geistern, Sternen, andern Menschen, Thieren, Pflanzen, Steinen etc. an, für deren Existenz es aber keine weitern Beweise gibt als manche überraschende Heilungen, welche indeß meist so langsam erfolgen, daß sie auch der Naturheilkraft anheimfallen, od. bei Anwendung derselben auch ausbleiben, od. auch sehr oft auf Rechnung von gleichzeitig od. früher gebrauchten Mitteln, od. deren Entfernung, od. sonst ins Spiel kommenden Einflüssen, auch wohl von Aufregung des Gemüths, bes. der Einbildungs-, Willens- u. Glaubenskraft kommen können. Die Art der Ausführung S-r C. ist eine sehr verschiedene u. geschieht theils durch äußere Mittel, namentlich sympathetische Pflaster u. Salben, Anwendung von Thieren, wie Schlangen u. Kröten, welche meist auf den Magen gelegt werden etc., Umhängen von Amuleten u. Talismanen, Besprechen, Hintersichwerfen von Gegenständen, mit denen bes. vorher der leidende Theil bestrichen worden ist, Anwendung des eigenen Urins, in welchem auch wohl Gegenstände gekocht werden, Vergraben solcher Dinge in Ameisenhaufen, unter Dachtraufen, Fliederbüschen, Werfen in fließendes Wasser, Alles dies bei abnehmendem Mond, theils durch Beachtung der Constellationen, theils durch Handlungen, welche man an gewissen Gegenständen vornimmt, um auf den entfernten Kranken dadurch zu wirken, z.B. die sogenannte Transplantation gegen Mutter- u. Feuermäler u. Zahnschmerzen, wo man im Frühjahre an eine Weide od. Erle geht, auf der Morgenseite etwas Rinde loslöst, von dem darunter liegenden Splint einen Splitter abschneidet,[140] das Maal od. Zahnfleisch damit blutig ritzt u. den Baum mit der abgelösten Rinde verbindet; verwächst die Rinde, so soll auch das Übel wegbleiben. Andere Mittel sind Streichen u. Händeauflegen, nach Art der magnetischen Euren, Gebete u. dgl. Bei weniger Gebildeten, durch körperliche u. geistige Leiden Geschwächten findet diese Behandlungsweise leichter Eingang u. schafft auch öfter Hülfe, als bei Unterrichteten u. Aufgeklärten. Es kommt dabei Alles darauf an in dem Kranken den festen Glauben zu erwecken, daß das Mittel helfen werde. Der Glaube regt die Hoffnung der ersehnten Genesung u. mit dieser die Naturheilkraft an. Am leichtesten wird dies geschehen bei Krankheiten, welche in dem Nervensystem wurzeln, z.B. Epilepsie, Krampfkrankheiten, od. von dieser Seite aus leicht erregbar sind, wie bei der Rose (wo das Esten der ersten Rose, welche man findet, od. das Beisichtragen eines Stücks Stahl helfen soll), Wechselfieber, Leberkrankheit, Blutungen; daher sich denn auch an diesen Krankheiten die magische Kraft des Besprechens (s.d.) am meisten übt. Doch gibt es auch materielle Krankheiten, welche aus diese Weise geheilt werden, so heilt man Warzen, indem man jede Warze mit einem Zwirnsfaden unterbindet od. mit einem zerschnittenen Apfel reibt u. den Faden od. Apfel unter einer Dachtraufe vergräbt; od. man bestreicht die Warze mit Speck u. vergräbt diesen gleichermaßen (wenn diese Gegenstände verfaulen, vergeht die Warze); od. man berührt die Warze beim Beginn des ersten Mondviertels jede mit einer besonderen Erbse, bindet diese zusammen in ein Tüchlein u. wirft dies hinter sich. Bei der Wassersucht siedet man ein Ei, macht eine kleine Öffnung in die Schale desselben u. vergräbt es in einen Haufen rother Nuteisen. Gegen Krämpfe nimmt man den gestoßenen Augenzahn eines Schweins ein, ehe sie beginnen. Nasenbluten soll aufhören, sobald man in eine Schachtel, mit 3 Loth reinem Vitriol u. 2 Loth gedörrtem Salz gefüllt, einige Tropfen Blut thut, die Schachtel schüttelt u. dann auf dem Ofen erwärmt. Ähnliche Mittel hat man gegen Ruhr, Kaltes Fieber, Epilepsie, Kropf, Gelbsucht, Impotenz etc.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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