Gotha

Gotha

Gotha, 1) deutsches Herzogthum, s. Sachsen-Gotha; 2) Amt darin, 27,400 Ew.; 3) Hauptstadt des Herzogthums G. u. Winterresidenz des Herzogs, an einem aus der Leina u. Apfelstedt abgeleiteten Kanale, Stationsort der Thüringer Eisenbahn; auf einer Anhöhe liegt das Schloß Friedenstein, welches außer einer Kirche, den Localitäten für die oberen Landesbehörden, einem Theater etc. auch das Museum mit dem Münzcabinet (mit mehr als 80,000 Münzen, 13,000 Münzabdrücken u. 9000 Zeichnungen), die Bibliothek (1640 von Ernst dem Frommen gegründet, 160,000 Bände), eine Gemäldesammlung, Kunstcabinet, Naturaliencabinet, das Chinesische Cabinet u. eine Sammlung von Abgüssen antiker Statuen enthält. Südlich an das Schloß schließen sich ausgedehnte Parkanlagen mit einem Teich, auf dessen Insel sich die Gräber der Herzöge Ernst II., August u. Friedrich IV. befinden. G. hat 7 Kirchen, darunter die Kloster- u. Margarethenkirche mit fürstlichen Begräbnissen; seit 1856 katholische Kirche; Kaserne, Rathhaus, Landschaftshaus, ein 1837–38 neu erbautes Theater, Gymnasium, Realgymnasium (Gymnasium Ernestinum), Schullehrerseminar, Handlungs-, Gewerb-, Bürger-, Töchter-, Sonntagsschule, Hebammeninstitut, Anatomie, Sternwarte, 6 Buchhandlungen, 2 Buchdruckereien, dann eine Bank, Lebensversicherungsbank u. Feuerversicherungsbank für Deutschland, außer welcher noch die Gothaische Landesversicherungsbank besteht; seit 1849 der gegenseitige Unterstützungsverein der ärmeren Klassen (Tagelöhnerverein), seit 1855 der Mozart-Verein zur Unterstützung musikalischer Talente u. armer Künstler, Gewerbe- u. Gartenbauverein, dann ein Arbeitshaus u. viele Wohlthätigkeitsanstalten, als das Waisenhaus, Irrenhaus, Karolinenstift (Fortbildungsanstalt für confirmirte Mädchen), Kleinkinderbewahranstalt, Anstalt zur Besserung verwahrloster Knaben, Krankenhaus, Hospitäler. G. ist einer der lebhaftesten Stapel-, Handels- u. Speditionsplätze Thüringens mit mannigfacher Industrie u. Fabriken für Tuch, Wollen- u. Baumwollenzeuge, Tapeten, buntem Papier, Porzellan, Tabak, Farben, Stärke, Kunsttischlerwaaren, physikalischen u. musikalischen Instrumenten, Cervelatwürsten u. geräucherten Fleischwaaren; außerdem ein Landkarteninstitut (Just. Perthes) u. damit verbunden eine Typographische Anstalt, Wollmärkte; Freimaurerloge: Ernst zum Compaß; 16,000 Ew. Vor der Stadt liegt das Lustschloß Friedrichsthal, diesem gegenüber der Orangeriegarten, das herzogliche Palais u. die von Herzog Ernst II. 1787 erbaute Sternwarte, welche durch v. Zach, v. Lindenau, Nicolai, Enke u. Hansen berühmt worden ist, jetzt aber abgetragen wird; dafür in der südlichen Vorstadt die neue Sternwarte. – G. war ursprünglich ein zur Abtei Hersfeld gehöriges Dorf. Abt Gothard soll G. mit Mauern umgeben haben. Im 12. Jahrh. kam G. unter die Landgrafen von Thüringen, welche hier ein Schloß bauten, woraus nachher die Burg Grimmenstein wurde. Nach dem Aussterben der Landgrafen (1247) kam G. an die Markgrafen von Meißen. Kaiser Adolf von Nassau, welcher dem Landgrafen Albrecht dem Unartigen das Land abgekauft hatte, setzte einen Voigt ein. Wieder an Meißen gekommen, wurde G. sehr blühend. Bei der Theilung zwischen Friedrich dem Sanftmüthigen u. seinem Bruder Wilhelm kam G. an Letzteren, bei der abermaligen Theilung 1485 aber an den Kurfürsten Ernst. Die Reformation wurde hier bald eingeführt. Als Johann Friedrich der Großmüthige 1546 gegen Kaiser Karl V. kriegte u. gefangen wurde, wurden die Befestigungen des Grimmensteins von den Kaiserlichen theilweise geschleift. Nach dem Tode des der Kur für verlustig erklärten Johann Friedrichs des Beständigen fiel G. bei der Erbtheilung an dessen älteren Sohn, Johann Friedrich; dieser verlegte seine Residenz nach G, In den Grumbachschen Händeln wurde G. 1566 von dem Kurfürsten von Sachsen, als Achtsexecutor, belagert, am 13. April 1567 eingenommen u. der von Johann Friedrich II. wieder hergestellte Grimmenstein geschleift. 1640 fiel G. an Herzog Ernst den Frommen, welcher in G. seine Residenz nahm u. an Stelle des Grimmensteins das Schloß Friedenstein erbaute. Herzog Ernst II. fing an die Festungswerke, welche das Schloß umgaben, abtragen zu lassen (seit 1772 u. 1789), unter Herzog August wurden seit 1809 auch die, die Stadt umgebenden Festungswerke niedergerissen. Am 24. Octbr. 1813 überrumpelte Czernitschew die Stadt, hob den französischen Gesandten u. einen Artilleriepark auf u. machte die französische Besatzung zu Gefangenen. 1825 kam G. an Koburg. Hier am 26. Juni 1849 Zusammenkunft eines Theils der ehemaligen Centren der Frankfurter Nationalversammlung (Gothaische Partei, Gothaner, s.d.). Vgl. Galletti, Beschreibung u. Geschichte des Herzogthums u. der Stadt G., Gotha 1803, n.A. ebd. 1817; G. mit seinen neuen Anlagen u. Verschönerungen, Weim. 1811.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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