Wirth [2]

Wirth [2]

Wirth, 1) Joh. Georg August, geb. 20. Nov. 1798 in Hof, studirte in Erlangen die Rechte, prakticirte dann in Schwarzenberg a. d. s.u. seit 1821 in Baireuth; er begab sich dann 1831 nach München, um dort während des Landtags eine Schrift, Der Kosmopolit, fortzusetzen, gab diese aber auf u. redigirte die Cottaische Zeitschrift. Das Inland, damals das Organ der baierischen Regierung, in welchem er sich entschieden für die constitutionelle Monarchie aussprach. Durch die stets wachsende Strenge der Censur gereizt, u. als Das Inland aufhörte Organ der Regierung zu sein, trat W. mit dieser immer mehr in Opposition. Im Juni 1831 hörte Das Inland ganz auf, u. W. gab nun seit 1832 die Deutsche Tribüne heraus, welche er nach Homburg in Rheinbaiern verlegte u. worin er sich offen für die Nothwendigkeit der Herstellung deutscher Freistaaten erklärte. Die Tribüne wurde bereits im März 1832 von dem Bundestage verboten, W. selbst wegen einer aufrührerischen, beim Hambacher Fest 27. Mai 1832 gehaltenen Rede im Juni verhaftet u. nach Zweibrücken gebracht u. angeklagt zum Umsturz der deutschen Verfassung aufgefordert zu haben. Er wurde zwar im August 1833 von den Assisen in Landau wegen dieser Anklage freigesprochen, im November 1833 aber von dem Zuchtpolizeigericht wegen Beleidigung inländischer u. ausländischer Behörden zu zwei Jahren Hast in Kaiserslautern verurtheilt. Nachdem er diese Hast u. seit December 1835 in Passau noch eine Contumazstrafe erlitten hatte, lebte er unter polizeilicher Aussicht in Hof, von wo er Ende December 1836 nach Frankreich flüchtete u. theils in Nancy, theils in Strasburg lebte. Von hier wendete er sich 1840 nach Thurgau, wo er die Deutsche Volkshalle redigirte; nach erhaltener Erlaubniß zur Rückkehr nach Deutschland, 1847, lebte er in Karlsruhe, wo er das Deutsche Nationalblatt herausgab; 1848 wurde er im Reußenlande in die Deutsche Nationalversammlung gewählt, starb aber schon 26. Juli 1848 in Frankfurt. Er schr.: Handbuch der Strafrechtswissenschaft u. Strafgesetzgebung, Bresl. 1822, 3 Bde.; Das liberale Deutschland, München 1831; Die politische Reform [284] Deutschlands, Strasb. 1832; Fragmente zur Culturgeschichte der Menschheit, Kaisersl. 1836, 2 Bde.; Die politisch-reformatorische Richtung der Deutschen im 16. u. 17. Jahrh., Bellevue 1841; Geschichte der Deutschen, Stuttg. 1643–45, 4 Bde., 4. A. 1860 ff., fortgesetzt von W. Zimmermann; Wort an die deutsche Nation, Schwäbisch Hall 1848; Letztes Wort an die deutsche Nation, Frankf. 1849. 2) Joh. Ulrich, geb. 17. April 1810 zu Dizingen in Württemberg, widmete sich von 1828–33 in dem evangelischen Stifte zu Tübingen der Theologie u. Philosophie, wurde erst Stadtpfarrer in Kleingartach u. 1842 erster Pfarrer in Winnenden. Er schr.: Theorie des Somnambulismus, Lpz. u. Stuttg. 1836; System der speculativen Ethik, Heilbr. 1841 f., 2 Bde.; Die speculative Idee Gottes, Stuttg. u. Tüb. 1845; Philosophische Studien, 2. A. 1854. Seit 1852 gibt W. auch die Zeitschrift für Philosophie u. philosophische Kritik im Verein mit J. H. Fichte u. H. Ulrici heraus. In wissenschaftlicher Beziehung gehört W. zu den Philosophen, welche auf der Grundlage der Hegelschen Philosophie Resultate zu erreichen streben, welche der natürlichen Weltauffassung ebenso, wie dem sittlichen u. religiösen Interesse besser entsprechen, als die des Hegelianismus. Er erkennt ein von dem Denken verschiedenes Sein an, welches nicht erst von dem Denken erzeugt, sondern nur von demselben gefunden werde; er gesteht neben der dialektischen Methode der Beobachtung u. Induction ein Recht für die philosophische Betrachtung der Natur zu; er erklärt sich gegen die principielle Verschiedenheit des Sittlichen u. des Rechtlichen, ohne, wie Hegel, den Begriff der Sittlichkeit in dem des Staates u. der Macht desselben untergehen zu lassen u. sucht in der Bestimmung der speculativen Idee Gottes dem theistischen Elemente seine Bedeutung neben dem pantheistischen zu sichern.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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