Leder [1]

Leder [1]

Leder, 1) gar gemachte Thierfelle, bes. wenn die Haare davon getrennt sind. Das L. unterscheidet man A) nach den Thieren, von welchen die Felle genommen sind, als Rinds-, Kalb-, Bock-, Ziegen-, Schaf-, Roß-, Hirsch-, Rehleder etc.; B) nach der Art der Zubereitung, zunächst: Lohgares, Weißgares u. Sämischgares L., mit Untersorten (vgl. Gerberei); sodann: a) Sohlen- (Pfund-) leder (im Gegensatz zum Schmalleder, Breitleder), starkes, lohgares L., das zu Stiefel- u. Schuhsohlen gebraucht wird, meist von Rinds-, doch auch von dicken Ochsen-, Büffel-, Pferde-, Seehunds-, Wallroß- u. Wildschweinhäuten. Gutes Sohlenleder muß stark u. dabei doch biegsam sein, vollkommen dicht u. fest, auf dem Schnitte recht glänzend mit einem grünlichen Striche; es darf sich, wenn es gehämmert wird, nicht ausdehnen, u. darf nur wenig Wasser einsaugen. Sehr steif u. am meisten wasserdicht ist das Sohlenleder von wilden Schweinshäuten. Das Lütticher ist nicht zu stark, aber sehr haltbar; das englische ist ebenfalls gut, doch hat die letzte von den drei verschiedenen Sorten wenig Werth; das Mastrichter steht dem Lütticher an Stärke, Derbheit u. Geschmeidigkeit nach u. hat eine lichte Farbe. Das deutsche kommt aus verschiedenen Orten Deutschlands u. ist von verschiedener Güte; vorzüglich ist das Altonaer, Hamburger, Lübecker, Lüneburger, Danziger, Saalfelder; das ungarische wird gewöhnlich nicht zu Sohlen verarbeitet, man unterscheidet das Presburger u. Wiener, ersteres ist dunkler u. besser. Auch Polen u. Rußland liefern viel Sohlenleder; das Lithauische wird zu Brandfohlen, Rahmenn. Absatzflecken gebraucht; b) Fahl- (Schmal-) leder, aus dünnen Ochsen-, bisweilen auch aus Kuhhäuten, wird als Oberleder der Schuhe u. Stiefeln gebraucht; zum Theil gefärbt, zum Theil blos gekrispelt u. pantoffelt, damit es auf der Narbenseite einen schöneren Glanz bekommt; c) Fischleder, lohgares, mittelst des Krispelbolzes u. Falzeisens zugerichtetes u. schwarz gefärbtes Kalbleder, für Schuhmacher, Riemer u. Sattler; d) Blankleder, aus lohgaren Ochsen- u. Kuhhäuten, mit Fischthran getränkt u. mit einer gläsernen Kugel geglättet; es gibt braunes Blankleder, das mit Fichtenlohe gegerbt, u. schwarzes, das mit Eisenauflösung gefärbt ist; es wird bes. von Riemern u. Sattlern gebraucht; wtrd das schwarze L. glänzend gemacht, indem es vor dem Körnen mit Saft von Schlehdorn u. nach dem Körnen mit einer Brühe von gekochtem Gummi, Knoblauch, Bier, Weinessig u. Leim bestrichen wird, so heißt es Glanzleder; e) Jämtländisches L., sehr geschmeidiges u. wasserdichtes, in der schwedischen Provinz Jämtland bereitet; f) Krämpel- (Kratzen-) leder, aus Kuhhäuten, dem Blankleder ähnlich, aber dünner, weich u. doch nicht zu dehnbar, bei Verfertigung der Kratzbeschläge (s.d.) verwendet; g) Erlanger L., seines, weiches, glänzendes, weißgares L., aus Lämmer- u. jungen Ziegenfellen bereitet, dient vorzüglich zu den glacirten Handschuhen; h) Brüsseler L., eben solches, unterscheidet sich von dem französischen od. Erlanger L. nur durch die verschiedene, meist rothe Farbe; i) Holländisches L., lohgares, schwarz gefärbtes, blankgestoßnes L., von Roß- od. schwachen Rindshäuten; zu Pferdegeschirr, Reitzeug u. äußern Bekleidung der Kutschen; k) Schmierleder, Art Rindsleder, geschmeidiger als Justen; nachdem es in der Gare sehr sorgfältig zubereitet ist, wird es mit weißem blankem Thran eingeschmiert. Man hat weißes u. schwarzes, letzteres wird vorzüglich zu Stiefeln verarbeitet; l) Sattelleder, lohgar, durch eine sehr schöne Narbe ausgezeichnet, welche entweder echt ist (bei Schweinsleder) od. künstlich durch Pressen mit einer Metallplatte erzeugt wird; meist von lichter Färbung, welche man erhält, indem man mit junger Eichenrinde gerbt u. das fertige Leder, wenn es zu dunkel ist, in verdünnte Schwefelsäure eintaucht; m) Dänisches L., lohgare, mit Weidenrinde gegerbte Lamm- u. Ziegenfelle; von hellbrauner Farbe u. nicht unangenehmem Geruche, bes. zu Handschuhen; n) Waschleder, weißes od. gelbes, sämischgares L.; gut gethrant, so daß es sich waschen läßt; zu waschledernen Handschuhen verarbeitet. Außerdem s. Chagrin, Corduan, Justen, Saffian etc. C) Nach den Gegenständen, wozu man es braucht, z.B. Sohlenleder, s. oben; Fleckleder, starkes Kuh- od. Ochsenleder, womit die Absätze der Stiefeln u. Schuhe besetzt werden etc. Über die Bereitung des L-s s.u. Gerberei. – Die Seite des L-s, auf welcher die Haare gestanden haben, nennt man Narben- od. Blumenseite (wird das lohgare L. auf derselben brüchig, so heißt dies narbenbrüchig), die andere Seite heißt die Fleisch- od. Aasseite. Die verschiedenen Arten L. werden von den Loh- u. Weißgerbern, Corduan- u. Saffianmachern bereitet u. von verschiedenen Handwerkern (Lederarbeiter) zu unzähligen Dingen (Lederwaaren) verarbeitet, so Schreib- u. Brieftaschen, Etuis aller Art, Futterale, Riemenwerk; in Deutschland bes. in Koburg, Fürth, Offenbach, Berlin, Nüruberg fabricirt,[205] Häufig wird das L. gefärbt u. zwar: schwarz durch Bestreichen der Narbenseite mit gelöstem essigsauerem Eisenoxyd (od. Eisenschwärze); blau, in der kalten Indigküpe (vgl. Indigfärberei A) b); gelb, mit Berberitzenwurzel; grün, durch Sächsischblau u. Gelb; olivengrün, durch schwache Eisenvitriollösung u. dann durch eine Abkochung von Berberitzenwurzel unter Zusatz von etwas Sächsischblau; violett, mit Cochenille auf einem schwachblauen Grunde. Um Rindsleder seiner Dicke nach zu trennen, hat man eine besondere Maschine (Lederspaltmaschine), wodurch man zwei brauchbare Lederscheiben erhält. Die Narbenseite zum Lackiren für Wagenverdecke, die innere od. Fleischseite ebenfalls lackirt für Kothflügel, Kappenschirme etc. Der Lederhandel wird zunächst von den Handwerkern betrieben, welche es verfertigen; doch gibt es auch Lederhandlungen, welche diesen Handel im Großen betreiben u. bes. L. aus Rußland, Polen, den Niederlanden, England, der Türkei u. Spanien, bes. auch lackirtes Leder verkaufen. Vgl. F. I. Pelzer, Vollständiges Handbuch der gesammten Lederfabrikation, Essen 1837. 2) Künstliches L., ein auf beiden Seiten dick mit Kautschuk überzogenes Baumwollengewebe od. 5–6 durch Kautschuklösung zusammengeklebte Lagen Kattun, ersetzt in der Kratzenfabrikation das lohgare Kuhleder; auch Lederabschnitzel, Abfälle von Schuhmachern u. Sattlern etc., werden in grobes Pulver wie Schnupftabak verwandelt u. dieses Pulver mit Kautschuklösungen od. dgl. gemischt, zu einem Teig geknetet u. dieser nach dem Trocknen in Blätter gewalzt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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