Senegambien

Senegambien

Senegambien (als westliches Negerland auch Westnigritien), so genannt nach den beiden Hauptflüssen Senegal u. Gambia, erstreckt sich vom Atlantischen Ocean ostwärts bis zum Sudan u. ist im Süden von Oberguinea, im Norden von der Sahara begrenzt. Die Größe schätzt man auf 18,000 QM.; längs des Meeres ein weites Hügel- u. Flachland, ist vom Süden nach Osten hin von den nördlichsten Gebirgsmassen des Kong (s.d.) erfüllt, welches hier eine mittlere Höhe von 4–5000 Fuß besitzt u. das Quellgebiet zahlreicher großer Flüsse enthält, namentlich des Senegal, Faleme, Gambia, Rio Grande, Rio Pongo u.a. Die Küste ist wenig gegliedert, durchgehends niedrig, im Norden sandig, im Süden von den Schlammablagerungen der großen Flüsse sehr fruchtbar; nur die weiten Mündungen der Flüsse bilden Häfen; die bedeutendsten Vorgebirge sind: Cap verde, Cap Roxo (Rothes Cap), Cap verga, das Rehcap (Cap des biches), Cap Marie u.a. Nur wenige Inseln, wie die Bissaogruppe, die Magdaleneninsel, Gorée, sind der Küste vorgelagert. Außer zahlreichen kleinen hat das Land die beiden großen Seen Cayor u. Panié-Foul. Das Klima ist im Tieflande außerordentlich heiß u. an den sumpfigen Niederungen an den Flüssen u. Seen sehr ungesund; günstiger gestaltet es sich in den hochgelegenen östlichen Gebietstheilen; die Regenperiode fällt in die Monate Juli bis November u. beginnt mit furchtbaren Gewitterstürmen; während der Regenzeit, in welcher die Niederungen weithin überschwemmt werden, ist das Klima noch ungesunder als gewöhnlich, erzeugt namentlich gefährliche Fieber. Der Wind kommt während der nassen Monate meist aus Südwest, während der übrigen aus Ost. S. bringt von Säugthieren Affen, Vampyrs, Hyänen, Goldwölfe, Emgatos, Elephanten, Giraffen, Nilpferde, Antilopen u. mehre Seesängthiere, Zuchtvieh (Kameele, Pferde, Hunde, Ziegen); von Vögeln Papageien, Strauße, Flamingos, Schildkröten, Krokodile, Riesenschlangen, Fische (Zitteraal, Zitterroche), von Insecten Leuchtkäfer, Heuschrecken, Bienen, Muskitos, Sandflöhe, Nervenwürmer, Termiten etc.; von Pflanzen Gummibäume, Mastix, Butterbäume, Palmen, Olven, Mangle, Kalebassen- u. Affenbrodbäume, Tamarinden, Mimosen, Pfeffer, Baumwolle etc., Zuchtgewächse (Hirse, Sorgho, Mais, Reis etc.); von Mineralien Gold, Kupfer, Eisen, Salz, Thon u.m.a. Die Einwohner gehören nördlich vom Senegal der Berber- u. Arabischen Race an, südlich von diesem Strome wohnen zahlreiche Negerstämme, welche sich in die drei Gruppen der Fulahs (Fellatahs), Mandingo's u. Djolofs (Jolof) zusammenfassen lassen. Die Fulahs, von rothbrauner Gesichtsfarbe, mit wenig gekräuseltem Haar u. einer Gesichtsbildung, welche der europäischen nahe verwandt ist, ausgezeichnet durch Intelligenz, bilden die hervorragendste Bevölkerung in dem Gebiete des oberen Senegal u. Gambia; sie sind Muhammedaner, haben ihren Glauben mit Waffengewalt verbreitet u. mehre der bedeutendsten Reiche Westafrika's, sowie des Sudan gegründet (das Reich Haussa, Futa, Futa-Djiallon, Massina, Sokoto, Gando). Mit der Urbevölkerung vermischt, wird diese Mischrace, wo sie von Bedeutung ist, wie in Futa, Futa-Djiallon u. Bondu mit dem Namen Toucouleur bezeichnet. Die Mandingo od., wie sie sich selbst nennen, Malinké, wohnen hauptsächlich zwischen dem Quellgebiete des Senegal u. Gambia bis zum Geba, zerfallen in 15 kleine Reiche, sprechen aber gleichwohl nur verschiedene Dialekte derselben Sprache; sie sind von hohem Wuchse, muskulös, haben krauses, wolliges Haar u. die echte Physiognomie der Neger. Die Djolofs wohnen hauptsächlich zwischen Senegal, Faleme u. Gambia, sind die schönsten u. schwärzestenaller Negerstämme Afrika's u. haben oft eine angenehme Gesichtsbildung. Von den übrigen Negerstämmen verdienen Erwähnung die Susus am oberen Gambia, die Felups am unteren Gambia, die Biafaren zwischen Gambia u. [842] Rio grande. Zu einem großen Theile sind diese Stämme Heiden (Fetischanbeter). Die Beschäftigungen sind bei einigen Völkern Landbau, Viehzucht, Fischerei, Jagd; die Djolofs u. Mandingo's haben auch einige Industrie auf Weberei, Töpferei, Gerberei u. Eisenwaaren. Die Susus sind auch Schiffsbauer. Den Handel mit den Bewohnern vermitteln meist die Franzosen, welche sich in der neuesten Zeit am Senegal mehr u. mehr festgesetzt u. eine Anzahl neuer Handelsposten zu den schon früher bestandenen gegründet haben; ausgeführt werden bes. Gummi, Gutta percha, Palmöl, Farbehölzer, Arachidenkörner u. Tulucunanüsse, Felle, Elfenbein, Pfeffer, Baumwolle u. Gold. Die Bewohner bilden eine Menge kleiner Reiche, welche bei den Fulahs meist Priesterherrschaft u. Wahlverfassung, bei den Mandingo's Erbstaaten mit despotischer Verfassung, bei den Djolofs gemischte u. lehnsherrliche Verfassung haben. Mitten unter diesen verschiedenen Staaten bestehen große, nur von Handelsleuten bewohnte Ortschaften, welche sich unabhängig erhalten, so die Serakales (Serawullis) im Norden u. die Jola's im Süden, welche mit ihren Comptoiren das ganze Land bis nach dem Sudan hin besetzt haben. Außerdem besitzen auch die Franzosen, Engländer u. Portugiesen einzelne Bezirke des Landes. Die Staaten der Fulahs sind: Futa-Toro, Bondu, Futa-Djiallon, Kasson, Fuladu, Ludamar (Uled Amar) u. Gumel; die der Mandingo's: Bambus, Dentilia, Kaarta, Manding, Salum, Barra, Yami u. Wulli; die der Djolofs: Walo, Djolof, Kayor, Baol u. Sin. Andere Staaten der Neger sind: Galam, Djallonkadu, Sangora, Buré, Sulimana u.a. Von den europäischen Besitzungen sind die der Franzosen die wichtigsten. Die französischen Besitzungen zerfallen in die zwei Arrondissements von St. Louis (am unteren Senegal) u. Bakal (am oberen Flußlauf). Centralsitz der Verwaltung ist St. Louis, von welcher Stadt südlich sich das seit 1855 der französischen Verwaltung einverleibte Gebiet der Walo (400 Quadratlieues) erstreckt u. die Handelsposten Richard-Toll, Dagana, Merinaghen u. Lampsar enthält; weiter am Strom aufwärts liegen die Handelsposten Podor, Bakel (210 Lieues von der Mündung), Matam, Médine u. Sénudébu (am Faleme). Seit 1858 haben die Franzosen auch Keineba (im Lande Bambuk) zur Ausbeutung der dortigen Goldminen in Besitz genommen. An der Küste besitzen die Franzosen noch Portendik u. Gorée. Die Briten haben ihre Hauptbesitzungen am Gambia, mit dem Sitze des Gouverneurs in Bathurst u. den Handelsposten in Dschandschambery, Illifri, Schonkakonda u. Pisama, sämmtlich am Gambia. Den Portugiesen gehört Cacheo (Catscheo), an der Mündung des St. Domingoflusses u. die kleinen Handelsposten Zinghicor, Farim u. Geba am Casamanza, Geba u. Rio grande. Vgl. Durand, Voyage au Sénégal, Paris 1807, 2 Bde.; Roger, Mémoires descriptifs sur la Sénégambie, ebd. 1828; Brunner, Reise nach S., Bern 1837; Raffenet, Reise in S., Stuttg. 1851; Valentin Ferdinand, Beschreibung der Westküste Afrikas bis zum Senegal, München 1856; Weiland, Karte des westlichen Mittelafrika, Weimar 1846.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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