Courtenay [2]

Courtenay [2]

Courtenay (spr. Kurt'näh), berühmtes französisches, in den Kreuzzügen zu Besitz im Orient gelangtes [491] Geschlecht; stammte von der Burg, welche Hatto zu Anfang des 11. Jahrh. westlich von Courtray anlegte. Berühmt sind: I. Aus dem alten Hause C.: 1) Gottfried, Enkel Hatto's u. jüngster Sohn Josselins I., machte unter dem Grafen von Blois den Kreuzzug mit u. fiel 1139 vor Montferrand in der Grafschaft Tripoli gegen den Emir von Mossul. 2) Josselin II., älterer Bruder des Vorigen, zog auch mit in das Heilige Land u. erhielt 1115 die Herrschaft Tiberias in Galiläa u. 1119 die Grafschaft Edessa; ein gerühmter Held in dem Kampfe gegen die Ungläubigen, wurde 1131 bei der Belagerung eines Thurms bei Aleppo tödtlich verwundet u. starb, nachdem er sich gegen den heranrückenden Sultan von Ikonium in einer Sänfte hatte vorantragen lassen u. den Feind durch seinen Anblick in die Flucht geschlagen hatte. Er war erst vermählt mit einer Tochter des armenischen Fürsten Leo, in zweiter Ehe mit einer Tochter des Fürsten Richard von Antiochia. 3) Josselin III., Sohn des Vorigen aus erster Ehe, verlor seine Besitzungen an die Ungläubigen wieder, welche 1145 sogar Edessa einnahmen, er wurde gefangen u. st. 1147 in der Gefangenschaft in Aleppo. 4) Josselin IV., Sohn des Vorigen, wurde 1165 von den Türken in der Schlacht bei Harenc gefangen u. blieb bis 1175 in Aleppo; nach seiner Freilassung wurde er Seneschall von Jerusalem u. mit ihm starb dieser Zweig der C. im Mannsstamm aus. 5) Milo, ältester Bruder von C. 1) u. 2), starb nach 1127 u. hinterließ 3 Söhne; von diesen hatte nur der jüngste, Reinhard, Kinder u. zwar 2 Töchter, von denen die jüngere, Elisabeth v. C., den Prinzen 6) Peter I., jüngsten Sohn des Königs Ludwig VI. von Frankreich heirathete, u. so Stifterin II. des jüngeren Hauses C. wurde, welches außer C. noch Montargis, Château-Renard, Champignelles, Taulay, Charny etc. besaß. Peter, geb. 1125, machte 1147 mit seinem Bruder, Ludwig VII., einen Kreuzzug, ging 1178 als Geißel mit nach England, schloß sich 1179 abermals einem Kreuzzug an u. starb vor 1183; er hinterließ 5 Söhne, welche verschiedene Linien gründeten: A) Linie C. u. Montargis: 7) Peter II., Herr von C. u. Montargis, ältester Sohn des Vorigen, erheirathete mit Agnes v. Nevers die Grafschaften Nevers u. Auxerre u. erbte 1191 die Grafschaft Tonnerre; er machte in diesem Jahre mit dem König Philipp einen Kreuzzug, heirathete 1193 in zweiter Ehe Jolanta v. Hennegau u. kämpfte 1210 mit gegen die Albigenser; 1213 fiel seiner Gemahlin nach dem Tode ihres Bruders die Grafschaft Nemour zu, welche Peter gegen den Kaiser Otto IV. u. Walram v. Limburg behauptete. Als sein Schwager, der Kaiser Heinrich von Constantinopel, 1216 gestorben war, wurde Peter von den Lateinischen Baronen zu dessen Nachfolger auf dem Byzantinischen Thron gewählt. Er zog im April 1217 nach Constantinopel, wurde aber unterwegs von dem Despoten Theodor Comnenus von Epirus hinterlistig gefangen u. starb Ende 1217 in der Gefangenschaft. Seine Gemahlin war inzwischen zur See nach Constantinopel gekommen u. führte die Regierung bis 1219, wo sie starb. Nevers, Auxerre u. Tonnerre kamen an seine Tochter aus erster Ehe, Mathilde, u. durch deren Enkelin an Burgund. Von seinen 13 Kindern aus zweiter Ehe wurde Jolanta 1215 Gemahlin des Königs Andreas II. von Ungarn; Marie heirathete 1219 den Kaiser Theodor Lascaris von Nicäa u. Agnes den Fürsten von Achaia, Gottfried II. von Villehardouin. 8) Philipp, ältester Sohn des Vorigen aus zweiter Ehe, wurde von den Baronen als Nachfolger seines Vaters, auf den Byzantinischen Thron gewählt, schlug aber die Krone aus u. begnügte sich mit der Grafschaft Namur, welche ihm 1222 durch den Frieden von Dinant zugesichert wurde; er st. 1226, auf einem Kreuzzug gegen die Albigenser begriffen. 9) Robert, Bruder des Vorigen, wurde an seines Bruders Stelle 1221–1228 Lateinischer Kaiser, s. Robert 1). 10) Heinrich, Bruder des Vorigen, folgte seinem Bruder Philipp 1226 in Namur, starb aber 1229 unmündig. An seiner Stelle bemächtigte sich seine Schwester Margarethe, verheirathet an den Grafen Heinrich v. Vianden, der Regierung von Namur, mußte dieselbe jedoch 1237 an den Folgenden abtreten. 11) Balduin, jüngster Bruder des Vorigen, war 1239–61 letzter Lateinischer Kaiser, s. Balduin 2) Nach dem Verlust der Krone ging er nach Frankreich, verkaufte Namur 1262 an den Grafen Guido v. Flandern u. starb 1272. Er war vermählt mit Marie, Tochter Johanns v. Brienne. 12) Philipp, einziger Sohn des Vorigen, geb. 1243, Titularkaiser von Constantinopel, machte vergebens im Bunde mit Anjou u. Venedig, Versuche, Constantinopel wieder zu erobern; er starb 1285 u. war seit 1273 vermählt mit Beatrix, Tochter Karls v. Anjou. 13) Katharine v. C., einzige Tochter desselben, heirathete 1300 (1301) den Grafen Karl v. Valois u. brachte demselben C. etc. zu; sie st. 1307 u. mit ihr starb dieser Zweig der C. aus. B) Die Linie von Champignelles, gegründet von Robert, zweitem Sohn Peters I., s. oben 6), wurde fortgesetzt von Roberts jüngstem Sohne Wilhelm; von dessen Nachkommen bemühete sich einer, 14) Johann, in einer, 1607 herausgegebenen Druckschrift: De stirpe et origine domus C. die Abstammung von Ludwig dem Dicken nachzuweisen u. für einen Prinzen von königlichem Geblüt anerkannt zu werden, worum er auch schon 1603 bei dem König supplicirt hatte; er st. 1639, ohne seinen Wunsch erreicht zu haben; dennoch nannte sich sein ältester Sohn, 15) Ludwig, Graf v. Cesy, geb. 1610, Prinz von C., u. bat Ludwig XIV. von Neuem um die Anerkennung als königl. Prinz; er wurde wieder abschläglich beschieden, weil, obgleich sie von königlichem Geblüte durch Peter stammten, der Ahnherr sich dadurch erniedrigt hätte, daß er Namen u. Wappen des königlichen Hauses mit denen der Herren v. C. vertauscht hätte; indeß wollte der König ihnen die Lilien in das Wappen zu nehmen gestatten, aber, gleich Bastarden, mit einem linken Schrägbalken durchschnitten; Ludwig lehnte dies ab u. st. 1672; sein Sohn 16) Ludwig Karl, Prinz v. C., Graf v. Cesy, geb. 1640, übergab 1715 dem Parlament in Paris eine neue Protestation, um seinem Hause die Rechte als Abkömmling des königlichen Hauses zu verwahren, u. st. 1723. 17) Karl Roger, Prinz v. C., Graf v. Cesy, jüngerer Sohn des Vor., geb. 1671, stand, wie sein Vater, in französischen Militärdiensten u. st. 1730; mit ihm starb der letzte echte männliche Nachkomme des Prinzen Peter von Frankreich. Seine Stiefschwester, 18) Helene v. C., geb. 1689, verheirathet an Ludwig v. Beaufremont, machte noch einen Versuch zur Anerkennung[492] ihrer königlichen Abstammung, doch wurde ihr 1737 von dem Pariser Parlament die Führung des Titels als Prinzessin von königlichem Geblüt untersagt; sie st. 1768, u. mit ihr starb das Haus C. völlig aus. Zu dieser Linie gehörte auch 19) Anna v. C., Tochter von Franz v. C., welche sich 1583 mit Max. de Bethune, Herzog v. Sully, vermählte u. 1589 zu Rosny starb. C) Die Hauptlinie in Tanlay, gestiftet von 20) Wilhelm I., viertem Sohn Peters I., starb 1384 mit Stephan aus. D) Die Linie von Yeres, gestiftet von 21) Johann, Peters I. fünftem Sohne, erlosch noch vor Anfang des 15. Jahrh. mit Isabelle, Tochter Johanns v. Yeres. Vgl. Dubouchet, Histoire généalogique de la maison de C., Par. 1661, Fol.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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