Pyramide

Pyramide

Pyramide, 1) (ein ägyptisches Wort von unbekannter Form u. Bedeutung), viereckiges Gebäude, dessen je 2 u. 2 gleiche Seiten von der Basis, von gleicher Länge in schiefer Richtung sich erhebend in einer Spitze endigen. Sie kommen zunächst in Ägypten vor, wo sie als Grabmäler der Könige dienten, u. zwar wurden P-n nur bis um 2000 v. Chr. erbaut u. jeder König hatte seine eigene. Sie sind meist aus Stein, seltner aus ungebrannten Ziegeln erbaut u. dann mit einem steinernen Überzug bekleidet od. mit Steinplatten belegt (welcher Beleg jetzt jedoch meist fehlt). Große P-n sind in Absätzen von 30 bis 40 Fuß gebaut. Anfangs klein angelegt, wurden sie bei längerer Regierungszeit ihrer Erbauer mit mehr Steinmänlein umgeben u. erhielten so größere Dimensionen. Sie stehen mit ihren Seiten genau nach den Himmelsgegenden orientirt u. haben blos einen Eingang. Die Grabkammern sind meist in den Fels gehauen u. die P. darüber erbaut; zuweilen finden sich auch Kammern in dem Mauerwerk selbst. Kleinere P-n waren für Glieder der königlichen Familie bestimmt. Die meisten P-n finden sich in Niederägypten in der Wüste am linken Nilufer von Kairo bis zum Fayum; man zählt dort jetzt noch die Reste von 67 u. theilt sie in fünf Gruppen, wovon die erste, Pyramidengruppe von Gizeh, die drei größten enthält. Sie steht am Ufer des Nils, in der Nähe des jetzigen Gizeh. Die größte u. nördlichste dieser P-n ist die P. des Cheops (Chufu); sie ist aus Stein, die Länge jeder Seite war ursprünglich 764 engl. Fuß breit u. in 208 Lagen 480 Fuß hoch, jetzt ist sie noch 746 Fuß an der Basis u. 450 Fuß hoch. Auf der 15. Lage ist auf der Nordseite der Eingang, verschlossen durch einen Stein u. den Alten erst seit Strabo bekannt, er steht seit der Khalifenzeit offen, führt durch einen schiefgeneigten, 100 Fuß langen, 3 Fuß breiten Gang in den sogenannten Königssaal, in welchem der Sarkophag aus Granit steht. Ein anderer Gang führt von dem Haupteingange nach dem sogenannten Saale der Königin. Mehre Gänge, zum Theil schief od. senkrecht absteigend, führen von diesen Gemächern im Innern der P. herum u. verlieren sich theils im Rohen der P, theils führen sie bis zum Hauptgange zurück. Die P. des Kephrenes (Chephren) ist noch 690 Fuß breit u. 447 Fuß hoch; sie liegt etwas höher als die vorige, u. der Eingang soll in der östlich liegenden großen Sphinx sein. Die P. des Mencherinus (Menkera) ist nur 354 Fuß an der Basis, 203 Fuß hoch, von Steinen gebaut u. steht auf einer Anhöhe. Bei diesen P-n siegten 21. Juli 1798 die Franzosen unter Bonaparte über die Mamlukken unter Murad Bei (s. u. Französischer Revolutionskrieg IV.). Die 4 anderen Gruppen sind die nördlichste bei Abu Roash u. die südlich an die bei Gizeh angrenzende von Abusir, Sakara u. Dahschur; die letztere enthält noch 2 Steinpyramiden fast von der Größe der großen von Gizeh. Alle diese P-n sind aus der Zeit der Memphitischen Kriegsdynastie (s. Ägypten, Gesch. II). In der späteren Zeit wurden nur noch kleinere Ziegelpyramiden in Theben gebaut. Außer Ägypten kommen noch P. in Äthiopien vor, u. deren finden sich noch auf dem See Meroe u. auf dem Todtenfelde am Berge Berkal; sie stammen wahrscheinlich aus dem 7. Jahrh. v. Chr. u. sind nicht blos Königsgräber, sondern auch für andere Personen. Vgl. unter den alten Schriftstellern über die P. Herodot 2,124 ff., Diodoros Sik. 1, 63 f.; unter den neueren Schriftstellern Sylvestre de Sacy Observ. sur l'origine du nom donné par les Grecs et les Arabes aux Pyramides d'Egypte, Par. 1801; Greaves, Pyramidographia, Lond. 1737; Über die Bestimmung der ägyptischen P-n, Berl. 1818; Nouvelles recherches sur l'origine et la destination des Pyramides, Par. 1812; Alois Hirt, Von den ägyptischen P-n etc., Berl. 1815; I. Groberts, Beschreibung der P-n zu Gizeh etc., aus dem Französischen übersetzt, Gera u. Lpz. 1801; Vyse, The Pyramids of Gizeh, Lond. 1839 ff., 3 Bde. Text u. 3 Bde. Atlas; Lepsius, Über den Bau der P-n (im Monatsbericht der Berliner Akademie der Wissenschaften für 1843) u. Beschreibung[716] der P. der 5 Gruppen in den Denkmälern aus Ägypten u. Äthiopien, Berl. 1849. In Rom war die P. des C. Cestius, Grabmal des C. Cestius, s. u. Rom (a. Geogr.). Auch in Babylon, bei den Sakern, in Indien u. Mexico finden sich pyramidenähnliche Gebäude, letztere meist von Luftziegeln, mit Erdpech verbunden, innen hohl; sie sind terrassenförmig gebaut u. haben oben eine Kapelle für die Gottheit, welcher sie geweiht waren, u. im Innern die Gräber der Könige, s. u. Mexicanische Religion S. 206; die berühmtesten sind zu Cholula, Papantla, Mitla, Teotihuacan, Xochicalco. 2) Ein Körper, welcher über einem beliebigen, ebenen Vielecke als Grundfläche (Basis) von so viel ebenen, von den Seiten jenes Vieleckes ausgehenden u. in einer gemeinschaftlichen Spitze sich vereinigenden Dreiecken eingeschlossen wird, als das Vieleck Seiten hat; der Vereinigungspunkt aller Dreiecke heißt die Spitze (Scheitel), die Dreiecke selbst die Seitenflächen, ihre Durchschnittslinien die Seitenkanten (Kanten) der P. Unter der Höhe der P. versteht man das aus der Spitze auf die Basis gefüllte Perpendikel. Nach der Zahl der Seiten wird die P. eine 3-, 4-, 5-, ... n seitige genannt. Gleichförmig od. regulär heißt eine P., wenn ihre Grundfläche ein reguläres Vieleck ist u. alle Seitenkanten einander gleich sind, also die Spitze senkrecht über dem Mittelpunkt der Basis liegt. Wird durch einen beliebigen Punkt einer Seite irgend einer P. eine Ebene parallel mit ihrer Grundfläche gelegt, so nennt man das zwischen den beiden Parallelebenen enthaltene Stück der P. eine abgekürzte od. abgestumpfte P. So wie viele Lehrsätze für das Prisma sich unmittelbar auf den Cylinder anwenden lassen, so finden alle hier folgenden, für die P. aufgestellten Lehrsätze auch beim Kegel Statt. a) Jede durch eine P. parallel mit ihrer Grundfläche gelegte Ebene gibt zum Durchschnitt ein der Grundfläche ähnliches Vieleck. b) Die Umfänge beider verhalten sich wie die den beiden P-n zugehörigen gleichliegenden Seitenkanten od. Höhen; es verhalten sich demnach ihre Flächen wie die Quadrate dieser Stücke. c) Der Inhalt einer P. ist gleich dem dritten Theile des Products aus ihrer Höhe in ihre Grundfläche. d) Daher verhalten sich P-n von gleichen Höhen od. Grundflächen bezüglich wie ihre Grundflächen od. Höhen, u. das Verhältniß zweier beliebigen P-n ist aus den Verhältnissen ihrer Höhen u. Grundflächen zusammengesetzt. e) Auch verhalten sich ähnliche P-n, wie die Kuben ihrer gleichliegenden Kanten od. ihrer Höhen. f) Deshalb ist auch jede P. dem dritten Theile eines Prismas gleich, welches mit ihr gleiche Höhe u. Grundfläche hat. g) Der Inhalt einer abgestumpften P. ist der Summe 3 P-n gleich, welche mit jener einerlei Höhe u. zu Grundflächen die obere, die untere Grundfläche u. die mittlere Proportionale zwischen beiden haben. Also, wenn g, G die beiden Grundflächen u. h die Höhe, P aber den Inhalt der abgestumpften P, bezeichnet, so ist P = 1/3 h (g + G + √ g G). Über die besonderen Eigenschaften der dreiseitigen P. s. Tetraeder. 3) In der Krystallographie unterscheidet man die P-n nach dem Krystallsystem, welchem sie angehören, die verschiedenen Arten s. u. Krystallsysteme. Die P-n der Krystallographie sind eigentlich Doppelpyramiden, bestehend aus zwei. mit ihren Grundflächen an einander stoßenden einfachen P-n. Einfache P-n kommen nur in Folge von Hemimorphismus vor; 4) (Her.), als gemeine Figur Nachbildung der ägyptischen; als Heroldsfigur so v.w. Spitze, s. Ehrenstücke A) h); 5) a la P. (a la Figaro), eine Spielart auf dem Billard, s.d. IV. L); 6) eine Art Getreidemandeln, s. u. Ernte 2) B) e); 7) das Felsenbein des Schläfebeins; 8) eine durch Kunst hervorgebrachte Baumform, vorzüglich bei Zwergobstbäumen angewendet; gelingt durch besondere Art zu schneiden, gewährt viel u. schmackhaftes Obst; 9) Orgelpfeife, deren Körper die Gestalt einer umgekehrten vierseitigen P. hat.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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