Braunschweig [1]

Braunschweig [1]

Braunschweig (Geogr.), Herzogtum in Norddeutschland, besteht aus drei größeren u. vier kleineren getrennten Theilen; der größte ist der nördlichste (mit B., Wolfenbüttel u. Helmstädt) zwischen dem preußischen Regierungsbezirk Magdeburg u. den hannöverischen Landdrosteien Lüneburg u. Hildesheim; der andere größere Theil (mit Seesen, Gandersheim, Holzminden) liegt südwestlich davon u. grenzt im N. u. S. an Hannover (Landdrostei [235] Hildesheim u. Berghauptmannschaft Clausthal), im O. an den preußischen Regierungsbezirk Magdeburg u. im W. an den preußischen Regierungsbezirk Minden u. das waldeck'sche Fürstenthum Pyrmont; der dritte Haupttheil (mit Blankenburg) ist östlich davon zwischen Preußen, Anhalt-Bernburg u. Hannover. Die kleineren Theile sind Enclaven, der größte mit dem Amte Kalvörde im preußischen Regierungsbezirk Magdeburg, zwei kleinere in der hannoverischen Landdrostei Hildesheim an der Lamme u. Innerste; der letzte u. bedeutendere ist das Amt Thedinghausen in der Landdrostei Hannover, links an der Weser an der unteren Eyter. Der nördliche Theil ist meist eben, nur im O. ist das mit hartem Holz bewaldete Elmgebirge u. einige Hügelreihen, der Fallstein, die Lichtenberge, der Dorm u. Affe; die beiden südlicheren Theile sind gebirgiger, haben im O. den Harz (Wormsberg, Achtermannshöhe, Eversberg), sowie das Marmorgebirge mit Marmorbrüchen, die Baumanns- u. Bielshöhle, im W. das mit Laubholz bewaldete Gebirge des Sollingerwaldes (Ihdt, Kühler, Theutingerberg, Hube), der sich mit dem Vogeler u. Hüls ostwärts mit dem Harz verbindet. Flüsse: westlich macht die Weser eine Strecke lang die Grenze u. fließt dann durch das braunschweigische Gebiet; ihr fließen die Leine, Innerste, Fuse, Ocker, Schunter u. Aller zu; der Elbe gehen zu die Ohre u. durch Saale u. Helme, die Bode u. Zorge. Seen gibt es nicht, von Teichen ist der bedeutendste der Wipperteich; dagegen gehört von dem Drömmlinger Bruch, einem weiten, mit Erlen u. anderem Gebüsch u. Schilf bewachsenen Sumpfstriche, ein großer Theil hierher. Mineralquellen sind: eine erdig-salinische Eisenquelle zu Helmstädt, eine eisenhaltige bei Ölber; ferner die Soolquellen der Salnen zu Juliushall, die zu Schöningen, Salzdahlum, zu Barndorf u. Schöppenstädt. Klima nicht überall gleich, aber gesund; im N. milder, als im gebirgigen S., wo die Winter sehr kalt sind; Frühling u. Herbst bes. feucht. Producte: von Mineralien etwas Gold (an 5 Mark jährlich), von Silber an 1700 Mark, von Eisen (durch 7 Hochöfen, 6 Kupolöfen, 23 Frischfeuer, 4 Walz- u. Schneidewerke, 2 Zainfeuer, 1 Stahlhammer) 43,000 Entr. Roheisen, 33,000 Ctnr. Gußwaaren, 22,000 Ctnr. Stabeisen, 9500 Ctnr. gewalztes Eisen, 5300 Ctnr. Schmiedeeisen, 400 Ctnr. Stahl; von Kupfer an 2200 Ctnr., Blei an 80,000 Ctnr., Bleiglätte an 30,000 Ctnr., Salz an 75,000 Ctnr., Arsenik, Zink u. Schwefel; die Gebirge geben auch Marmor, Vitriol, Sandstein; auch Stein- u. Braunkohlen u. Torflager, Porzellanerde; von Pflanzen: Getreide (bes. nördlich), Ölgewächse, Gemüse u. dgl., Flachs, Hopfen, Obst (nicht zureichend, nur Borsdorfer Äpfel werden ausgeführt), Färberröthe, Cichorien, Tabak u. viel Hvlz; von Thieren: die gewöhnlichen Hausthiere, wildes u. zahmes Geflügel (von ersteren in der Ebene bes. Gänse), viel Wild, Bienen. Das Land hat im Ganzen, mit Ausnahme der Gegenden am Harz u. der Lüneburger Haide, einen fruchtbaren Ackerboden u. man rechnet 2 Theile auf Ackerland u. Gärten u. je einen Theil auf Wald u. auf Wiesen u. Triften. Flächenraum: 671/6 QM. (nach And. über 73 QM) mit 271,208 (Ende 1852) Einwohnern, die (etwa 4000 auf die QM.) in 13 Städten, 2 Flecken u. 452 Landörtern wohnen; sie sind sämmtlich sächsischer Abkunft, haben vorherrschend blaue Augen, blonde od. bräunliche Haare, sprechen plattdeutsch, die gebildeten ein sehr reines Hochdeutsch; die Kleidung der Bauern wie in anderen Gegenden Niedersachsens; die Männer tragen leinene od. tuchene Kittel, kurze lederne, enge, meist gelbe Beinkleider, Strümpfe u. Schuhe od. Stiefeln, auf dem Kopf runde Barthel mit Pelz besetzt; die Frauen tragen lange bis an die Knöchel reichende rothe Röcke, unten mit breitem gelben (auch grünen) Besatz, Mieder u. Jacken, runde Mützen od. blosen Kopf, in manchen Gegenden die Weiber auch Pelzmützen. Religion: die lutherische; daneben gibt es im ganzen Lande nur eine reformirte u. drei katholische Gemeinden, welche letztere unter dem Bischof in Hildesheim stehen u. 2565 Glieder betragen; die Kirchengewalt steht dem jedesmalgen Landesfürsten zu, welcher sie durch ein mit evangelischen Geistlichen u. Laien besetztes Consistorium ausübt, dessen Verfügungen durch 6 General- u. 33 Specialsuperiutendenten vollzogen werden, neben denen wiederum die Kreisdirectionen als weltliche Consistorialbeamte (geistliche u. weltliche Visitatoren od. Commissarien) fungiren; den im Herzogthum anerkannten od. zugelassenen christlichen Kirchen steht freie Religionsübung u. gleicher Schutz des Staates, ihren Gliedern gleiches bürgerliches Recht zu. Die Juden, 980 mit 4 Synagogen, waren den Christen politisch schon vor 1848 u. seitdem auch bürgerlich gleichgestellt; sie stehen unter dem Landesrabbinat zu B. Die Industrie erzeugt außer den genannten Metallen im Bergbau, der theils von B. allein, theils als Communbergbau mit Hannover betrieben wird, noch Glas, Spiegel, Porzellan u. Steingut; ferner Brauereien (Mumme), Cichorien- u. Tabakfabriken, Leinweberei, Garnspinnerei, Gerbereien, Fabriken in Holz u. Wolle, lackirten Waaren u. bedeutender Wurstbereitung. Die Industrie könnte bei dem Reichthum an Holz u. Mineralien bedeutender sein. Stärker ist der Handel, welchen bes. die Braunschweiger Messen u. die 23 Ml, Eisenbahnen (Neustadt-Hornburg, Magdeburg-Braunschweig-Hannover, Göttingen-Hannover u. Gandersheim-Seesen-Hornburg), durch welche eine Verbindung mit allen Hauptflüssen u. Meeren Deutschlands hergestellt ist, gehoben haben; mehrere andere sind vorgeschlagen u. schon im Angriff; mehrere, zum Theil gepflasterte Chausseen begünstigen den Handel auch. Vieh muß eingeführt werden, doch gibt es zu Harzburg ein Landgestüt, dessen Beschäler auf mehrere Stationen im Lande vertheilt sind. Wissenschaftliche Anstalten: Sonst war Helmstädt Landesuniversität, da aber diese 1809 vom König von Westfalen aufgehoben worden ist, hat B. seine Landeskinder auf Göttingen gewiesen u. seine Freitische dorthin verlegt; es besitzt auch einen besonderen Studienfond, aus dem Vermögen der früheren Universität u. Klöster gebildet, mit 160,051 Thlr. jährlicher Einnahme u. 131,810 Thlr. Ausgabe, die für Kirchen, Bildungsanstalten u. wohlthätige Zwecke verwendet werden. Außerdem sorgen in der Stadt B. das Collegium Carolinum, ein Anatomisch-chirurgisches Institut, 5 Gymnasien (zu B., Wolfenbüttel, Blankenburg, Helmstädt u. Holzminden), 1 Cadettenschule in B., 1 Predigerseminar in Wolfenbüttel, Baugewerkschule in Holzminden, Schullehrerseminarien u. Präparandenanstalten in B.:, Wolfenbüttel u. Blankenburg[236] außerdem noch katholische, jüdische, Taubstummen-, Blinden- u. sonstige gute Schulen für wissenschaftliche Bildung. Berühmt ist die Bibliothek in Wolfenbüttel, außerdem mehrere kleinere. Verfassung: B. gehört zum Deutschen Bunde, bildet mit Nassau dessen 13. Curie u. führt im Plenum 2 Stimmen. Auf die früheren Landtagsabschiede u. Landesrecesse, die Westfälische Constitution von 1807 u. die erneuerte Landschaftsordnung vom 25. April 1820 ist als Landesgrundgesetz die neue Landschaftsordnung vom 12. Oct. 1832 gefolgt (vgl. Pölitz, Votum über den Entwurf der Landesordnung, Lpz. 1831; Jürgens, Bemerkungen über denselben, Braunschw. 1831), zu welcher jedoch jetzt die Gesetze vom 19. März 1850 u. 4. Juli 1851, das Gesetz über die Zusammensetzung der Landesversammlung vom 22. Novbr. 1851, das Wahlgesetz vom 23. Nov. 1851 u. das Gesetz vom 19. April 1852 wesentliche Änderungen eingeführt haben (vergl. Zachariä, Die deutschen Verfassungsgesetze der Gegenwart, S. 694 ff.). Der Herzog ist souveräner Landesfürst u. succedirt aus dem Gesammthause B.-Lüneburg erst im Mannsstamme, dann in weiblicher Linie nach der Linealerbfolge u. dem Rechte der Erstgeburt. Seitdem Herzog Karl durch Bundesbeschluß vom 2. Dec. 1830 zur Ausübung von Regierungsrechten für nicht mehr befugt erklärt wurde, hat sein Bruder, Herzog Wilhelm, die durch das Patent vom 28. Septbr. 1830, bis auf Weiteres übernommene Regierung, durch das Patent vom 20. April 1831 angetreten u. den 25. April sich huldigen lassen. Von Herzog Wilhelm ist mit der Linie Hannover ein Hausgesetz vom 24. Octbr. 1831 errichtet worden. Die in einer Kammer vereinigten Landstände bestehen aus 46 Abgeordneten (von Landgemeinden 12, Stadtgemeinden 10, durch Wahlmänner; Höchstbesteuerten 21 u. Geistlichen 3, direct gewählt). Wählbarkeit unbeschränkt, der Auftrag dauert sechs Jahre. Doch wird vor dem Beginne jedes ordentlichen Landtages, der alle 3 Jahre zusammentritt, die Hälfte der Abgeordneten neu gewählt. Die Landstände haben das Recht der Steuerverwilligung, der Zustimmung zu den Gesetzen, der P. äsenlation von 2 Räthen des Obergerichtes, der legislatorischen Vorschläge, der Anklage der Minister wegen verletzter Verfassung, der Annahme von Bittschriften u. Beschwerden u. deren Vortrags an den Landesherrn. Mit der obersten Leitung der Landesverwaltung ist das unmittelbar unter dem Landesherrn stehende u. collegialisch organisirte Stagtsministerium beauftragt. Eine ans den Ministern, den Vorständen der höheren Behörden u. den vom Herzoge bes. ernannten Mitgliedern zusammengesetzte, in 6 Sectionen getheilte, durch Gesetz vom 12. Octbr. 1832 organisirte Ministerialcommission begutachtet als Staatsrath die Gesetzentwürfe u. wichtigen Landesangelegenheiten; die Competenzstreitigkeiten zwischen Justiz- u. Verwaltungsbehörden werden durch eine aus höheren Justiz- u. Administrationsbeamten zusammengesetzte Commission entschieden. Als Mittelbehörden bestehen für die Finanzen die Herzogliche Kammer zur Verwaltung der sämmtlichen Domänen u. Regalien mit drei abgesonderten Directionen für die Domänengüter, Forsten u. Bergwerke; zur Verwaltung der Steuern ist die Steuerdirection mit zwei Abtheilungen, dem Steuercollegium für die directen u. der Zoll- u. Steuerdirection für die indirecten Abgaben bestellt. Für die obere Leitung des Landescredit- u. Finanzwesens, die Aufsicht über das Rechnungs- u. Cassawesen, die Controle, besteht noch ein Finanzcollegium, zur technischen Leitung der Staatsbauten u. Beaufsichtigung des Bauwesens der Corporationen eine Baudirection, außerdem eine Eisenbahn- u. Oberpostdirection. Die innere Verwaltung u. Polizei wird durch 6 Kreisdirectionen in B., Wolfenbüttel, Helmslädt, Blankenburg, Gandersheim u. Holzminden besorgt. Unterverwaltungsbehörden sind die Magistrate der Städte u. für die Landgemeinden die Amtsgerichte. Den letzteren steht für jeden Amtsbezirk ein von den Mitgliedern der Gemeinderäthe gewählter Amtsrath von 5 bis 15 immer 4 Jahre fungirenden Mitgliedern zur Wahrnehmung der Gesammtinteressen des Bezirks u. zur Unterstützung in Ausübung des Oberaufsichtsrechtes über die specielle Gemeindeverwaltung zur Seite. In den Städten bestehen neben den Magistraten Stadtverordnete, bei einer Bevölkerung von 2000 Einwohnern in einer Zahl von 9, bei von da bis 10,000 Einw. von 18, in B. von 27 Mitgliedern. Die Vorsitzenden der Amtsräthe mit den Bürgermeistern der Städte bilden für jeden Kreis auch eine Kreiscommission, welche von den Kreisdirectoren zu befragen ist, wenn es sich um Vertheilung von allgemeinen Lasten u. dergleichen handelt. Die Gerichtsverfassung schließt sich dem an. Entsprechend den 6 Verwaltungskreisen besteht für jeden derselben ein collegialisch eingerichtetes Kreisgericht, außerdem als Einzelgerichte 23 Amts- u. 2 Stadtgerichte (in B. u. Wolfenbüttel), u. als oberster Gerichtshof des Landes ein Obergericht in Wolfenbüttel. Die Einzelrichter erkennen in Civilsachen bis 50 Thlr., ferner über Arrestanträge, Besitzstörungen u. in allen Executionssachen; in Betreff der freiwilligen Gerichtsbarkeit besorgen sie die Hypotheken- u. Vormundschaftssachen; in Strafsachen erstreckt sich ihre Competenz bis zu vierzehntägigem Gefängniß od. 10 Thlrn. Geldstrafe, so wie über alle Wald- u. Jagdfrevel. In allen übrigen Sachen, sofern sie civiler Natur sind, in allen Strafsachen, soweit die angedrohte Strafe nicht dreijähriges Gefängniß od. einjährige Zwangsarbeit übersteigt, erkennen in erster Instanz die Kreisgerichte, von welchen auch die Appellationen auf amts- u. stadtgerichtliche Erkenntnisse, die Beschwerden in Hypotheken- u. Vormundschaftssachen zu erledigen sind. Das Obergericht endlich mit 1 Präsidenten, 2 Vicepräsidenten u. 9 Räthen urtheilt über die Appellationen von dem Kreisgericht u. erkennt in einem besonderen Senat (Anklagesenat) über die schwurgerichtlichen Anklagen, während ein anderer Senat (Criminalsenat) die Schwurgerichte selbst abhält. Bei Nichtigkeitsbeschwerden treten die 7 ältesten Mitglieder des Obergerichtes als Cassationshof zusammen. Abgesondert von diesem allgemeinen Organismus bestehen noch als specielle Gerichte das Handelsgericht in B. für Handelssachen u. die Militärgerichte mit einem Oberkriegsgericht ebendaselbst. Für Ablösung von Reallasten, Theilung der Gemeinheiten u. Allodification der Lehen ist die Landesökonomiecommission eingesetzt. Neben den Gerichten ist das Institut der Staatsanwaltschaft eingeführt mit der Befugniß, sowohl in Strafsachen, als in Civilsachen das öffentliche Interesse wahrzunehmen. Bei[237] jedem Kreisgericht isi ein Staatsanwalt, in B. deren zwei, u. bei dem Obergericht ein Oberstaatsanwalt angestellt. In Civilsachen bildet das gemeine Recht noch heute die Grundlage; im Strafrecht das Criminalgesetzbuch vom Jahr 1840. Für polizeiliche Übertretungen gibt es ein ziemlich weitgreifendes Polizeistrafgesetzbuch u. eine Anzahl specieller Polizeigesetze. Im Wechselrecht gilt die allgemeine deutsche Wechselordnung, welche an Stelle der Wechselordnung vom 1. Ang. 1715 getreten ist. Der Civilproceß ist schriftich, aber mit einem mündlichen u. öffentlichen Hauptverfahren verbunden; im Strafverfahren herrscht das Anklageprincip mit Öffentlichkeit u. Mündlichkeit, für die schwereren Fälle unter Zuziehung von Geschworenen. Das Urtheil über das Schuldig muß von den Geschworenen mit Stimmeneinhelligkeit gefaßt werden. In Betreff der Sachwalter werden Advocaten u. Anwälte unterschieden; die ersteren, deren Zahl unbeschränkt ist, halten die mündlichen Vorträge vor Gericht; die letzteren, deren Zahl auf 49 festgesetzt ist, sind die Vertreter der Parteien u. Verfasser der Schriftsätze. Die Notare, deren Zahl ebenfalls beschränkt ist, haben neben den Gerichten die Beurkundung der Rechtsgeschäfte. Die gesammte Gesetzgebung ist von Schlüter, Wolfenbütteler Landesverordnung, Wolfenb. 1729–31, 3 Bde., u. von Steinacker, Holzm. 1837, gesammelt; Repertorien sind dazu von Fredersdorf, Braunschw. 1777–96, fortgesetzt von Küchenthal, ebd. 1816, 7 Bde.; Leiste, ebd. 1804; Bege, Helmst. 1831, 2 Bde.; Schneider, Braunschw. 1833, u. die neuere erscheint in der officiellen Gesetz- u. Verordnungssammlung. Außer den Zoll- u. Steuergesetzen sind für die Verwaltung wichtig: das Gesetz über den Civilstaatsdienst vom 12. Octbr. 1832, die neue Gesindeordnung, das Gesetz über die neue Münzverfassung vom 18. Decbr. 1834, die Ablösungs u. Gemeinheitstheilungsordnung vom 20. Decbr. 1834 etc. Das Justizwesen ordnen die Gesetze vom 15. Jan. u. 3. Febr. 1814, vom 25. März 1823 u. vom 15. Octbr. 1832. Über das Privatrecht vgl. Du Roi, Anleitung zur Kenntniß der Quellen u. Literatur des Braunschweigisch-wolfenbüttelschen Privatrechts, Braunschw. 1792; Liebhaber, Einleitung in das Landrecht, ebd. 1792, 2 Bde.; H. Zachariä, Grundriß des Privatrechts, Gött. 1832; Rosenthal, Rechtsfragen, ebd. 1805; Schneider, Fragmente, Braunschw. 1836; Scholz, Juristisches Magazin, Wolfenb. 1830–32, 2 Bde.; Neue Folge, Braunschw. 1835 ff. Die Einkünfte sind für die Finanzperiode 1855–57 auf 1,410,333 Thlr. u. die Ausgaben auf dieselbe Höhe veranschlagt; die Schulden betrugen 1855, mit Einschluß von 4,078,000 Thlrn. an Eisenbahnbaucapitalien, 7,163,521 Thlr. (außer den durch den Schloßbau erwachsenen). Militär: eine Brigade, bestehend aus: a) mobile Truppen, 1 Infanterieregiment von 2 Bataillonen (Garnison Braunschweig), jedes zu 4 Compagnien u. 900 Mann, in der Totalsumme 1803 M. (im. Frieden 913 M.). Uniform: Schwarzer Polrock mit schwarzen Brust- u. Rückenschnüren, schwarzen Glasknöpfen, kornblumenblauen Kragen, Handaufschlägen u. Achselklappen, dunkelgraue Beinkleider mit blauem Passepoil, schwarze Filzkappi mit Roßschweif u. weißmetallenem Stern, worauf die Inschrift: Immota fides, schwarzes Lederzeug. Bewaffnung: Bernei'sche Ovalgewehre mit Dorn, Bajonnet u. Faschtnenmesser; 1 Jägerbataillon (Garnison Blankenburg) in 4 Compagnien, zusammen 682 (im Frieden 299) M. (Leibbataillon), dem Braunschweigischen Freicorps von 1809 ähnlich uniformirt; die Uniform stimmt mit der des Infanterieregiments überein, nur daß die Beinkleider schwarz, die Kappi mit einem weißmetallenen Todtenkopf versehen, die Tornister mit schwarzem Segeltuch überzogen sind; Bewaffnung: Dornbüchse u. Hirschfänger. Pionnierabtheilung von 31 (im Frieden 16) M., wie die Infanterie uniformirt, nur sind die Aufschläge u. Achselklappen schwarz mit weißen Litzen; Cavallerie: 1 Regiment Husaren aus 3 Escadrons zu 385 M. bestehend (Garnison Braunschweig u. Wolfenbüttel), Uniform: kurzer schwarzer Polrock mit gelben, blaudurchwirkten Schnüren, schwarzer Pelz, Kolpaks, Beinkleider wie die Infanterie, Bewaffnung: Pallasch, Carabiner u. Pistolen. Artillerie: 8 Geschütze (Garnison Braunschweig), 208 M. stark, gleich den Pionnieren uniformirt, nur sind die Litzen gelb u. die Kopfbedeckung besteht in einem bairischen Helme; eine Sanitätscompagnie (55 M.), durch weiße Roßschweif von der Infanterie unterschieden; Train mit grauer Uniform u. weißmetallenen Knöpfen, sonst wie die Infanterie gekleidet. b) Ersatz- u. Landesreserve: 1 Infanteriebataillon zu 6 Compagnien u. 781 M., wie die Infanterie uniformirt, nur daß das, was dort blau, hier dunkelgrün ist, 64 M. Jäger, 10 Pionniere, 1 Schwadron Cavallerie zu 134 M., 1 Batterie mit 4 Geschützen, alle wie die activen Truppen uniformirt; Militäretat: 311,000 Thaler; Bundescontingent: 3143 M., dem 10. Armeecorps zugetheilt. Landesfarben u. Feldzeichen: blau u. gelb. Orden, Kreuze u. Medaillen: a) der Orden Heinrichs des Löwen in 4, u. das dabei gestiftete Verdienstkreuz in 2 Klassen, s. Löwenorden; b) Dienstauszeichnungskreuz für 25 Jahre Dienste für Offiziere: Goldenes Kreuz mit purpurrothen Balken, auf dem weißen Mittelschild einer Seite die gekrönte Chiffre, auf der anderen Seite 25, Band königsblau. Dienstauszeichnung für Unteroffiziere u. Soldaten, für 25 Dienstjahre: Silbernes Kreuz, mit rundem, von Strahlen umgebenem Mittelschilde, vorn gekrönte Chiffre, hinten 25; für 20 Dienstjahre: wie a), nur die Zahl 20; für 15 Dienstjahre: ein silberner Riegel, ovales Mittelschild, vorn die Chiffre, hinten die Zahl 15; für alle drei das Band königsblau. c) Das Kreuz für den Feldzug 1809; d) Medaille für den Feldzug in Spanien; e) Medaille für Waterloo; f) Rettungsmedaille. – Außer dem Herzogthum B, besitzt das Haus B. noch das Mediatherzogthum Öls in Schlesien, das meist der jüngeren Linie als ein Theil der Apanage zukommt; der Besitzer führt den Titel Herzog von B.-Öls; jetzt wird es vom Herzog Wilhelm verwaltet, vgl. Braunschweig-Öls. – Münzen, Maße u. Gewichte: B. rechnete früher nach Reichsthalern à 24 gute Groschen à 12 Pfennige od. nach Reichsthalern à 36 Mariengroschen à 8 Pf., auch kam sonst noch die Eintheilung des Thalers in 48 Göschen à 6 Pf. od. 72 Mattier (Mathier) à 4 Pf. vor, im Werth des 20-Guldenfußes, am Oberharze auch noch Mariengulden à 20 Mariengroschen Kassengeld, 162 Mariengulden = 100 Thlr. CM. 1835 wurde der 14-Thalerfuß (1 Thlr. à 24 Groschen à 12 Pf.), 1858 der 30-Thalerfuß eingeführt. Wirkkich[238] geprägte Münzen hat B. in Gold: Ducaten u. Karlsd'or, jetzt Wilhelmsd'or (doppelte à 10 Thlr., einfache à 5 Thlr. u. halbe à 21/2 Thlr.), 35 Stück einfache auf die rauhe Mark, früher 21 Karat 7 Gräu, jetzt 21 Karat 6 Grän; in Silber: Species, 2/3-, 1/2-, 1/6-, 1/12-, u. 1/20-Thalerstücke im Conventionsfuß, von denen die 1/3- – 1/20-Stücke auf den Neunwerth im 14-Thalerfuß seit 1835 herabgesetzt sind; neue Thaler u. 1/6-Thaler in der 14-Thalerwährung; in Kupfer: 2- u. 1-Pfennigstücke; seit 1789 sind auch neue Zweidrittelstücke nach dem Leipziger Fuß, bes. für den Verkehr mit Hamburg geprägt worden, s. Kassengeld und Hannover (Geogr.). Von 1858 an treten die Bestimmungen der Wiener Münzconvention in Kraft. Maße: Längenmaß, die Ruthe hat 8 Ellen à 2 Fuß, 1 br. Fuß = 285,1 Millimeter, 100 Fuß = 90,31 rhein. Fuß, 1 Elle = 570,2 Millimeter, 100 Ellen = 85,49 preuß. Ellen; Feldmaß: der Morgen zu 120 QRuthen, 1 Morgen = 25,0158 Aren; Fruchtmaß: 1 Wispel hat 4 Scheffel, 40 Himten, 160 Vierfaß, 640 Loch, 1 Himten = 31, toto 55 Liter, 100 Himten = 56,58 Berliner Scheffel; der Scheffel Hafer hält 12 gestrichene Himten; Weinmaß: 1 Fuder hat 4 Oxhoft od. 6 Ohm, 1 Oxhoft hat 11/2 Ohm, 6 Anker, 60 Stübchen, 120 Maß, 240 Quartier, 480 Nößel, 100 Quartier = 81,82 Berliner Quart; 1 Faß Bier hat 4 Tonnen, 108 Stübchen, 432 Quartier, 1 Faß Mumme hat nur 100 Stübchen; Handelsgewicht: das Schiffpfund hat 4 Liespfund à 14 Pfd., der Centner 114 Pfd. à 32 Loth à 4 Quentchen, ganz dem preußischen gleich, also 100 braunschweigische Pfd. = 100 Berliner Pfd.; Gold- u. Silbergewicht ist die Kölnische Mark, Medicinalgewicht das Nürnberger. Vgl. Vellgluth, Geographisch-statistischer Abriß des Herzogthums B., Braunschw. 1819; Hassel u. Bege, Beschreibung des Fürstenthums Wolfenbüttel u. Blankenburg, ebd. 1802.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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