Portugal [2]

Portugal [2]

Portugal (Gesch.). Das Land, im Alterthum zu Spanien gerechnet, wurde von verschiedenen celtischen Völkerschaften bewohnt, namentlich bis an den Tajo von den kühnen Lusitaniern, jenseit des Tajo von den Celtikern u. im Süden von den Cyneten. Phönicier, welche vielleicht um 600 v. Chr. u. Carthager, welche zwei Jahrh. später an den Küsten P-s Niederlassungen gründeten, ließen die Lusitanier unangetastet, daher auch diese mit ihrem Feldherrn Viriathus als Bundesgenossen der Carthager gegen die Römer bei Cannä fochten. Die Römer wollten nach der Demüthigung Carthagos mit den übrigen Völkern der Pyrenäischen Halbinsel auch die Lusitanier unterjochen, doch gelang ihnen dies erst mit den südlich vom Tejo wohnenden Völkern 131 v. Chr. nach dem Falle Numantias, wogegen der Kampf mit den Lusitaniern fortdauerte u. erst mit deren Unterwerfung durch Cäsar beendigt wurde. Bei der Dreitheilung Spaniens wurde Lusitania eine eigene Provinz, welche das Land zwischen dem Atlantischen Meere, dem Anas (j. Guadiana) u. Durius (j. Douro), also das jetzige P. mit Ausnahme der Provinzen Entre Douro e Minho, Tras os Montes u. dem südöstlichen Theile von Alemtejo, aber mit Einschluß der jetzigen spanischen Provinzen Estremadura, Salamanca u. dem Westen von Toledo, begriff. Unter den Lusitaniern wohnten die Turduli, Vettones, Celtici, Turdetani; unter den 46 Städten waren 5 römische Colonien u. das Municipium Olisipo (das j. Lissabon). Nach der Sage. soll das Christenthum vom Apostel Jacobus dem Älteren hier eingeführt worden (daher ist auch St. Jago der Schutzheilige P-s) u. sein Schüler Pedro de Rages 37 n.Chr. erster Bischof von Braga geworden sein; in der That wurde das Evangelium von Afrika aus in P. verbreitet, der Sitz der Lusitanischen Kirche war in Braga, die Zahl der Christen aber bis in die Mitte des 6. Jahrh. nicht groß.

Lusitanien blieb römisch, bis zur Zeit der Zertrümmerung des Römerreiches die Alanen 409 n.Chr. sich darin niederließen. Diese wurden von den Sueven 440 überwältigt, welche in Lusitanien ein Reich gründeten, in welchem Rechilla bis 448, Rechiar bis 450, Freomar bis 460 herrschten. Nach des Letzteren Tode stritten lange mehre Bewerber um die Herrschaft, ein Jahrh. verging unter innerlichen Zerrüttungen. Endlich stellte Theodemir die Ruhe her; diesen besiegte aber 583 Leovigild, der König der Westgothen, u. vereinigte Lusitanien mit seinem Reiche. Mit diesem kam es 714 unter die Herrschaft der Araber; Ferdinand I., König von Leon, Aragonien u. Castilien, eroberte 1058 den größten Theil des Landes, welches von da an Portucale, angeblich nach Porto Cale (der Stadt Porto) genannt wurde. Ferdinand (st. 1065) theilte sein Reich unter seine drei Söhne, Sancho II., Alfons IV, u. Garcias, aber Sancho verjagte die Brüder u. erhielt das Ganze. Als er 1072 durch Meuchelmord fiel, bemächtigte sich Alfons des Reiches, welcher die Araber mit Glück bekriegte.

Unter seinen Fahnen stritt auch der Graf Heinrich von Burgund, welcher durch seine Tapferkeit sich so großes Ansehen erwarb, daß Alfons 1095 ihn mit seiner natürlichen Tochter Therese vermählte u. ihm den nördlichen Theil in Lehn gab. Heinrich besiegte die Mauren in 17 Feldschlachten u. gründete mehre Bisthümer, machte sich nach Alfons' Tode, 1109, von der Krone Castilien unabhängig u. nannte sich Graf u. Herr von P. Er wurde so Stifter der Dynastie des Hauses Burgund in P. Sein Sohn, Alfons I. der Eroberer, bei seines Vaters Tode 1112 erst 2 Jahre alt, stand unter der Vormundschaft seiner Mutter Therese, welche dem Sohne die Krone rauben wollte. Erwachsen entriß Alfons 1128 der Mutter die Herrschaft, schlug den ihr Beistand leistenden König von Castilien. Alfons VII., bei Valdevas u. stellte die Ordnung im zerrütteten Staat wieder her. Nach Theresens Tode, 1139, setzte Alfons I. des Vaters Eroberungen gegen die Mauren fort u. zertrümmerte deren Macht in der Schlacht bei Ourique, 25. Juli 1139; sein Heer rief ihn auf dem Schlachtfelde zum König aus. Alfons gab auf dem Reichstage zu Lamego dem Reiche eine Verfassung u. erhielt sich die Unabhängigkeit gegen die Ansprüche Castiliens; zu größerer Sicherheit suchte er den Papst für sich zu gewinnen u. versprach demselben 1144 einen jährlichen Zins. 1146 stiftete er den Ritterorden von Aviz; 25. Oct. 1147 eroberte er mit dem Beistande deutscher u. niederländischer Kreuzfahrer Lissabon, führte 1158 einen glücklichen Krieg gegen Leon u. nahm Alcacar do Sal u. 1166 Evora, wurde aber 1166 von seinem Schwiegersohne, dem König von Leon, vor Badajoz gefangen u. mußte die von ihm gemachten Eroberungen herausgegeben; 1171 u. 1184 schlug er die Mauren bei Santarem u. st. 6. Dec. 1185. Sein Sohn Sancho I. hatte fortwährende Streitigkeiten mit der Geistlichkeit, welche Freiheit von allen Abgaben für ihre ungeheueren Güterbesitzungen u. einen besonderen Gerichtsstand verlangten; mit Hülfe der Kreuzfahrer eroberte er 1188 Silvas u. vermehrte die durch Hunger, Pest u. Krieg in Abnahme gerathene Bevölkerung des Landes durch neue Ansiedler wieder; er st. 1211. Gegen sein Testament hielt sein Sohn Alfons II. der Dicke, die Untheilbarkeit des Reiches aufrecht u. gab seinen Schwestern die denselben bestimmten Gebiete nicht. Darüber u. weil er seine Rechte gegen die Kirche vertheidigte,[383] wurde er in den Bann gethan, doch gab er nicht nach. Durch den Sieg bei Aleacar do Sal 1217 u. die Erstürmung dieses Platzes, so wie durch spätere Kriege befestigte Alfons Il. sein Reich; er st. 1223. Auch unter seinem Sohn Sancho II. dem Kuttenträger dauerte der Kampf fort, bis ihn der Papst auch in den Bann that u. für abgesetzt erklärte. Sancho floh nach Toledo, u. sein Bruder Alfons ergriff die Zügel der Regierung; zwar kehrte Sancho 1127 zurück, da aber der Bann über ihm blieb, nahm ihn das Volk nicht wieder an; er verließ das Land von Neuem u. st. 1248 in Toledo. Alfons III. suchte nun das Reich wieder herzustellen; er eroberte 1249 Faro, 1251 Algarbien u. einen Theil von Andalusien, erkannte aber die Lehnshoheit Castiliens darüber an, bis er 1269 durch einen Vertrag sich davon befreite. Wegen seiner Festigkeit gegen die Ansprüche der Geistlichkeit wurde er 1258 mit dem Bann belegt u. mußte, um einer Empörung vorzubeugen, in einigen Punkten nachgeben; er st. 1279. Dionys der Gerechte, sein Sohn, stellte die Mißbräuche in der Verwaltung ab, beschränkte das Übermaß des geistlichen Besitzthums, verschaffte der Geistlichkeit Schutz gegen den Adel, führte eine unparteiische Rechtspflege. ein, munterte den Ackerbau, die Gewerbe u. den Handel auf, begünstigte die Wissenschaften u. stiftete zu dem Zweck 1290 die Universität zu Lissabon, welche aber schon 1303 nach Coimbra verlegt wurde; den Orden der Tempelherrn verwandelte er bei dessen Aufhebung in den Christusorden. Gegen ihn erregte 1299 sein Bruder Alfons u. dann sein Sohn u. Thronfolger Alfons Empörungen, bis 1323 ein Vergleich zwischen Vater u. Sohn den Kampf endigte. Dionys st. 1325. Sein Sohn Alfons IV. der Kühne führte Kriege gegen die maurischen Könige von Granada u. Marokko u. vernichtete 1340 bei Tariffa deren Macht. Als er Inez del Castro, die heimliche Gemahlin seines Sohnes Pedro, 1355 ermorden ließ, ergriff dieser die Waffen gegen den Vater, doch wurde durch Vermittlungen der Königin u. der Geistlichkeit dem Bürgerkriege vorgebeugt. Alfons st. 1357. Pedro I. der Strenge regierte im Geiste seines Großvaters u. st. 1367. Ferdinand I., Sohn des Vor., wollte die castilische Krone an sich bringen, wurde aber wiederholt geschlagen u. mußte, als er schon einen großen Theil des Landes von den Castiliern erobert hatte, 1373 um Frieden bitten; auch einen späteren Krieg 1381–82 führte er, obgleich er von Engländern unterstützt wurde, nicht glücklicher. Seine ränkesüchtige Gemahlin, Eleonore Tellez, welche er zum Ärgerniß des Volkes ihrem früheren Ehemann, Laurent de Acunha, abgedrungen u. 1372 geheirathet hatte, u. welche mit ihren Günstlingen herrschte, war an dem größten Theil dieser Ereignisse Schuld, doch endigte eine Vermählung der Beatrix, der einzigen Tochter Ferdinands, mit dem Kronprinzen Johann von Castilien 1382 den Krieg. Ferdinand st. 1383, u. mit ihm erlosch der legitime burgundische Mannsstamm in P.

Johann I., der dritte Bruder des Vorigen, doch außer der Ehe gezeugt, entriß nach dem Tode seines Bruders der Königin Eleonore, nachdem er deren Günstling Don Andeiro eigenhändig erstochen hatte, die Herrschaft u. wurde von den Ständen als König anerkannt. Mit ihm heftig das illegitime burgundische Haus den Thron von P. Da er nicht ehelichgeboren war, so machte Castilien Ansprüche auf die Krone von P. u. begann deshalb Krieg. Aber am 14. Aug. 1885 stegten die Portugiesen bei Aljubarota u. retteten dadurch ihre Unabhängigkeit. Der Krieg wurde unter der Leitung Pereira's bis 1411 fortgesetzt u. dann durch einen für P. rühmlichen Vergleich beendigt. 1415 unternahm Johann einen Kriegszug nach Afrika u. eroberte Ceuta. Auch gab Johann ein neues Gesetzbuch, welches bis jetzt als Hauptquelle des portugiesischen Rechts geltend geblieben ist; er baute viel, schützte die Wissenschaften u. veranlaßte so die Entdeckungen, welche unter der Leitung seines Sohnes, des Prinzen Heinrich des Seefahrers, gemacht wurden; 1418 wurde Porto Santo, 1419 Madeira u. bald darauf auch die übrigen Azoren entdeckt u. colonisirt. Durch diese glücklichen Unternehmungen war ein Thätigkeitstrieb bei den Portugiesen geweckt worden, welcher ihnen während des 15. u. 16. Jahrh. einen hohen Rang unter den europäischen Völkern gab. Johann I. st. 1433. Unter der Regierung seines Sohnes Eduard wüthete die Pest in P. Um die Eroberungen in Afrika zu erweitern, unternahm Eduard 1437 einen unglücklichen Feldzug dahin, aber von dem Sultan von Fez gezwungen, schloß er einen schimpflichen Vergleich. Als Geißel blieb unter Anderen des Königs Bruder Ferdinand in Afrika zurück. Die Cortes genehmigten den Vertrag nicht, u. Ferdinand (Calderons standhafter Prinz) blieb im Gefängniß. Auf Eduard, welcher 1438 starb, folgte Alfons V. der Afrikaner, sein unmündiger Sohn, erst unter Vormundschaft seiner Mutter Eleonore, seit 1439 unter der seines Oheims u. Schwiegervaters, des Herzogs Pedro von Coimbra, welchen er 1449 erschlug. Die Niederlage seines Vaters gegen die Mauren zu rächen, nahm Alfons 1458 u. 1471 zwei Züge nach Afrika u. eroberte Alcacar, Aguar, Arzila u. Tanger. Er hatte nach dem Todeseiner ersten Gemahlin Isabella, Tochter des Herzogs von Coimbra, sich mit Johanna, der einzigen Tochter des Königs Heinrich IV. von Castilien, verlobt u. war zum Erben von Castilien ausgerufen worden. Viele Granden von Castilien erklärten aber Johanna für ein uneheliches Kind u. sprachen der Schwester des Königs Heinrich, Isabella, die Krone zu. Deshalb kam es 1475 zum Kriege mit Castilien; Alfons V. siegte Anfangs, aber seit der Schlacht bei Toro 1478 war er unglücklich, entsagte in dem Friedensschluß von Alcacebàs 24. Sept. 1479 den Ansprüchen auf Castilien u. gab auch seine Eroberungen in Estremadura heraus. Dagegen dehnte er die Besitzungen P-s in Afrika aus: unter ihm wurden 1440 Cabo Blanco, 1444 der Gambia, 1445 der Senegal, 1449 die Inseln des Grünen Vorgebirgs, 1452 die Inseln Arguin u. 1471 Annabon entdeckt u. 1480 die Insel Canaria erobert. Durch diese Entdeckungen kam der Handel in Aufnahme, u. schon 1469 wurde eine Handelsgesellschaft für Guinea gestiftet. Alfons st. 1481. Er stiftete den Orden der Ritter vom Schwert. Sein Sohn Johann II. zog die verschleuderten Domänen ein, machte die königliche Macht unabhängig von den Großen u. unterdrückte die Verschwörung derselben, an deren Spitze die Herzöge von Bragança u. Viseu standen; dabei war er ein Schützer der Bürger u. Landleute u. übte unparteische Gerechtigkeit. Auch er beförderte die Entdeckungen neuer Länder; 1482 wurden Niederlassungen in Angola gegründet, 1484 Benin u. Congo u. 1480 durch Bartol. Diaz das Vorgebirge der guten Hoffnung entdeckt; Columbus wendete sich aber mit seinen Anerbietungen der Entdeckung einer westlichen Fahrt vergebens an ihn. Zu Lande[384] besuchten auf des Königs Befehl portugiesische Reisende Calcutta, Goa, Ormuz u. Habesch. 1491 wurde Palma u. 1494 Teneriffa erobert. 1485 u. 1491 nahm Johann II. aus Spanien vertriebene Inden auf. Er st. 1495.

Emanuel der Glückliche, Enkel des Königs Eduard u. Bruder des von Johann II. getödteten Herzogs Ferdinand von Viseu, folgte, da Johanns II. einziger Sohn Alfons 1491 gestorben war. Unter ihm war das goldene Zeitalter P-s. Die schon von Johann II. beschlossene Expedition zur Auffindung des Seeweges nach Ostindien, unter Vasco de Gama, segelte 1497 ab, traf 1498 in Calcutta ein u. kam 1499 nach Lissabon zurück. Ihr folgte eine neue Flotte unter Pedro Alvarez Cabral nach Ostindien. Cabral entdeckte unterwegs 1501 Brasilien u. knüpfte mit den Königen von Cochin u. Canarca Handelsverbindungen an. Um die Beleidigungen der portugiesischen Flotte an den ostindischen Fürsten zu rächen u. Niederlassungen zu gründen, wurde 1502 Vasco de Gama mit einer Flotte von 20 Schiffen nach Ostindien gesendet. 1503 ging Alfons Albuquerque mit einer neuen Flotte nach Ostindien, überwältigte mehre der mächtigsten Fürsten Indiens u. machte große Eroberungen. 1503 wurde die Festung Cochin, die erste portugiesische in Ostindien, erbaut; 1505 Ceylon, 1509 Malacca, 1511 die Molukken u. 1512 die Maldiven entdeckt, 1510 Goa u. 1515 Ormus erobert, 1517 Niederlassungen in Java, 1518 in Bengalen u. 1520 zu Columbo gegründet. P. war eine der Hauptmächte Europa's u. Lissabon der Hauptmarkt des Welthandels geworden. Der Krieg in Afrika währte von 1507–1513 fort. indeß wenn auch hier in Guinea eine Niederlassung angelegt wurde, so waren die Erfolge der Portugiesen in Nordafrika doch nur gering. In Folge der Vertreibung der Juden aus Spanien mußten dieselben 1496 auch aus P. auswandern, wenn sie nicht Christen wurden, u. seitdem unterschied man in P. zwischen alten u. neuen Christen, welche letztere meist insgeheim Juden blieben u. vielen Verfolgungen ausgesetzt waren. Mit der Ausbreitung der Macht P-s in andere Welttheile begann der portugiesische Clerus auch Missionäre dorthin zu senden. Emanuel st. 1521. Johann III., sein Sohn, führte, um die Juden zum Christenthum zu zwingen od. sie auszurotten, 1536 die Inquisition ein u. nahm 1541 die Jesuiten auf, welche bald alle Macht in die Hände bekamen. Kaiser Karl V. machte für Spanien auf die Molukken Ansprüche, u. P. mußte ihn, dem Tractat von Saragossa gemäß, 1529 mit 350,000 Ducaten befriedigen. In Ostindien machte her Unterkönig Nuño da Cunha neue Eroberungen u. legte 1536 die Feste Diu an; Anton Silveira de Meneses u. Juan Mascarenhas behaupteten dort hie eroberten Gebiete. 1554 starb der Kronprinz, u. als Johann III. 1557 auch starb, folgte ihm sein Enkel Sebastian, kaum drei Jahre alt. Die Königin Katharina führte Anfangs die Vormundschaft über ihn, doch trat sie diese schon 1561 an den Cardinal Heirich ab. Von den Jesuiten, seinen Erziehern, bewogen, machte Sebastian 1574 einen Zug nach Afrika zur Bekehrung der Ungläubigen, richtete aber nichts aus; u. als er 1578 abermals nach Afrika segelte, um dem Könige Mulei Muhammed von Marokko gegen den Usurpator Mulei Moluk Hülfe zu leisten, verlor er den 4. Aug. d, I. bei Alcacar-Quivir Schlacht u. Leben. Die Regierung kam nun an den altersschwachen Cardinal Heinrich Sohn Emanuels, welcher aber schon 21. Jan. 1580 starb. Mit ihm erlosch die Dynastie Burgund in P. gänzlich.

Um die Krone von P. bewarben sich: Anton, Prior von Evora, ein natürlicher Sohn Ludwigs, des zweiten Sohnes des Königs Emanuel; Katharina von Bragança, Tochter Eduards, eines anderen Sohnes von Emanuel, u. Philipp II. von Spanien, Sohn Karls I. u. der Elisabeth, der Tochter Emanuels. Anton hatte die nächsten Ansprüche u. wurde vom Volke 1580 zum König ausgerufen. Aber Philipp II., für welchen einige Große gestimmt hatten, griff P. zu Wasser u. zu Lande an u. erfocht den 25. August einen Sieg bei Alcantara. Er unterwarf auch die Insel Terceira, wies den Angriff auf Santa Cruz ab, schlug eine englische Expedition unter Franz Drake zurück u. empfing 15. April 1581 als Philipp I. in Tamar die Huldigung. Somit wurde P. mit Spanien vereinigt. P-s Wohlstand war schon früher gesunken, u. Philipps Regierung bis 1598 brachte noch mehr Unheil über das Land; die ständischen Privilegien wurden aufgehoben, alle höheren Staatsämter mit Spaniern besetzt, die Portugiesen ihrer Flotte beraubt u. zur Theilnahme an Spaniens Kriegen gezwungen. Philipp st. 1598. Während seiner Regierung traten 1585–1598 vier Prätendenten (falsche Sebastiane, s. u. Sebastian) auf, welche sich für den in Afrika gebliebenen Sebastian ausgaben. Sein Sohn Philipp II. untersagte 1600 seinen Völkern, u. folglich auch den Portugiesen, allen Handel mit den Niederländern, welche nun durch Stiftung der Ostindischen Compagnie allen Handel mit ostindischen Waaren an sich zogen u. den Portugiesen fast alle Besitzungen in Indien nach u. nach entrissen. Er st. 1621. Während der Regierung Philipps III., seines Sohnes, fiel Ormus 1622 an den Schah von Persien; die Holländer eroberten 1636 die Hälfte von Brasilien u. 1637 das Fort St. Georg del Mina in Afrika u. 1640 auch Malacca; auch der Handel mit Japan fiel in deren Hände. Von so viel Schmach u. durch die Insolenz der Spanier aufgeregt, machten Michael u. Anton von Almeida, Peter von Mendoza, Franz u. Georg von Mela u. Roderich del Cunha, Erzbischof von Lissabon, eine Verschwörung, um die rechtmäßigen Ansprüche des Hauses von Bragança auf die portugiesische Krone geltend zu machen, u. am 1. Dec. 1640 wurde der Herzog Johann von Bragança (s. Johann 48), Urenkel des Königs Emanuel u. Enkel der Katharina von Bragança, zum König von P. ausgerufen u. die Spanier vertrieben.

P. trat nun wieder unter dem Haufe Bragança in die Reihe der selbständigen Staaten. Der neue König Johann IV. wurde von den Hauptmächten Europas, außer Österreich u. dem Papst, sogleich anerkannt. Da aber Spanien nicht mit Gewalt der Waffen wieder in den Besitz P-s kommen konnte, so suchte es seinen Zweck durch eine Verschwörung gegen das Leben des Königs zu erreichen, in welche der Großinquisitor die bis dahin sehr gedrückten Juden verwickelte, welche jedoch zu rechter Zeit von d' Ayamonte 1641 entdeckt u. unterdrückt wurde. Mit Holland schloß P. in Europa ein Offensivbündniß, während sich beide Mächte in Amerika u. Ostindien bekriegten. Sie hatten zwar im Betreff der Colonien einen zehnjährigen Waffenstillstand[385] geschlossen, doch wurde er von beiden Theilen gebrochen u. 1654 die Holländer aus Brasilien vertrieben. Dagegen bemächtigten sich die Holländer in Ostindien fast aller portugiesischen Besitzungen. Da bei Johanns IV. Tode, 1656, sein Sohn Alfons VI. noch unmündig war, so führte seine Mutter Luise de Guzman die Regierung. Die Spanier suchten unter ihm P. zurück zu erobern, Don Juan d'Austria nahm 1661 Orihuela u. mehre Plätze, 1662 Villabuis, 1663 Evora u. Alcacar da Sol, aber England u. Frankreich standen den Portugiesen bei, der Marschall von Schomberg wurde ihnen von Ludwig XIV. mit englischen u. französischen Soldaten zur Hülfe geschickt u. das Volk in Lissabon zwang die Großen des Reiches zur ernsten Gegenwehr. Der Marquis von Villaflor siegte nun 1663 bei Entremos (Almexial) u. 1665 Caracena bei Villa viciosa, u. Spanien erkannte endlich in dem Frieden von Lissabon 13. Febr. 1668 die Unabhängigkeit P-s an. Die Eroberungen der Holländer in Ostindien 1661 u. 1662 wurden durch den unter englischer Vermittelung geschlossenen Vertrag im Haag 1669 gehemmt u. alle Feindseligkeiten zwischen beiden Staaten beigelegt; P. behielt Brasilien. 1662 erklärte sich der König für mündig, entfernte seine Mutter von der Regierung, welche er nun dem Grafen Castel Melhor anvertraute, u. vermählte sich 1666 mit Elisabeth von Nemours aus dem Hause Savoyen. Diese verband sich mit dem Infant Pedro, Bruder des Königs, u. den Jesuiten zu seinem Sturz, Alfons VI. wurde 1667 verhaftet u. nach Terceira u. dann nach Cintra gebracht, aber Pedro wurde Regent u. nahm nach des Königs Tode 12. Sept. 1683 den Königstitel an. Unter Pedro II. wurde das freundliche Verhältniß zwischen P. u. dem Päpstlichen Stuhle wieder hergestellt u. 1698 die reichen Goldbergwerke in Brasilien entdeckt. Pedro II. schloß 1703 einen Handelsvertrag mit England (Methuenvertrag, s.d.), wodurch P. ganz abhängig von diesem wurde u. auch das 1701 wegen der spanischen Erbfolge mit Frankreich geschlossene Bündniß aufgeben, dagegen sich mit England gegen Frankreich verbinden mußte. Im Frieden zu Utrecht 1713 erhielt P. von Frankreich die Oberherrschaft über den Amazonenfluß u. die Colonie S. Sagramento. Die Verfassung des Landes wurde gebrochen, indem seit 1697 die Cortes nicht mehr berufen wurden. Pedro II. st. 1706. Johann V., sein Sohn, suchte zwar die Wissenschaften zu heben u. gründete 1720 die Akademie der Reichsgeschichte u. 1721 die Akademie in Setubal, allein für die Stiftung u. Dotirung eines Patriarchats statt des Erzbisthums in Lissabon (1716) u. für den Bau des Klosters Mafra (1716–30), verschwendete er unermeßliche Summen, u. dazu brachte der Kapuziner Kasper von Geova, sein Finanzminister, die größte Verwirrung in die Finanzen. Die Schätze aus den in Brasilien entdeckten Diamantgruben konnten diese Verwirrung nicht lösen. Johann milderte die Strenge der Inquisition u. wurde wegen der Cardinalsernennung mit dem Papst in Händel verwickelt, welche jedoch unter Clemens XII. beigelegt wurden. Wegen Verletzung des Gesandtenrechtes entstanden 1735 zwischen P. u. Spanien Zwistigkeiten, welche zu Feindseligkeiten führten, doch wurde durch England u. Frankreich der Friede in Paris 1737 vermittelt. 1748 ertheilte der Papst dem König Johann den Ehrentitel Rex fidelissimus. Ihm folgte 1750 sein Sohn Joseph I., welcher sogleich dem Marquis von Pombal die Sorge der Regierung übertrug, u. dieser begünstigte den Ackerbau, regte den Kunstfleiß an, belebte den Handel, verbesserte das Kriegswesen, beschränkte die Macht des Adels u. nahm den Jesuiten den Einfluß auf die Staatsangelegenheiten, brachte auch das Finanzwesen in Ordnung. Das Unglück, welches durch das Erdbeben 1755 über Lissabon u. andere Städte des Reiches gekommen war, linderte er auf alle Weise. Am 3. Sept. 1758 wurde ein Mordversuch auf den König gemacht, die der Theilnahme daran Beschuldigten, unter ihnen der Herzog von Aveiro, die Marquise von Tavora u. der Jesuit Malagrida, hingerichtet u. ihre Güter confiscirt, die Jesuiten aber durch ein Edict vom 3. Septbr. 1759 aus dem Königreiche verbannt, worauf die Regierung völlig mit dem Papst Clemens XIII. brach u. den Nuncius zurückschickte u. den portugiesischen Gesandten von Rom abberief. Erst unter Clemens XIV. wurde das Einverständniß wieder hergestellt. In dieser Zeit erklärte Spanien an P. den Krieg u. wollte es zwingen, sich mit ihm gegen England zu verbünden; da berief Pombal den Grafen Wilhelm von Lippe-Bückeburg als Anführer des portugiesischen Heeres, doch wurde dieser Krieg durch den Vertrag in Fontainebleau 1762 beendigt. In diesem Vertrage verpflichtete sich Spanien, Almeida u. S. Sagramento an P. abzutreten; da es aber zauderte diese Bedingungen zu erfüllen, eroberte eine portugiesische Flotte den 23. Febr. 1777 beide, u. Spanien mußte im Tractat zu Ildefonso den 1. Oct. Sta. Katarina an P. überlassen, wogegen es S. Sagramento u. die Inseln Annabon u. Fernando da Po in Afrika abtrat.

Am 24. Febr. 1777 starb König Joseph, ihm folgte seine älteste Tochter Maria, seit 1760 Gemahlin ihres Oheims Pedro III.; sie entließ sogleich Pombal u. folgte in ihrer Regierung gänzlich der Leitung ihrer Beichtväter u. des hohen Adels. Die Anstalten, welche Pombal getroffen hatte, um des Landes Wohlfahrt zu begründen, wurden aufgehoben u. die alte Staatsverfassung wieder hergestellt. Als die Königin 1792 gemüthskrank wurde, übernahm ihr Sohn, der Kronprinz Johann, als Regent, vom Minister Graf Arcos unterstützt, die Regierung. Er stand unter Englands Einflusse, schloß mit dieser Macht 1793 ein Bündniß gegen die Französische Republik u. vereinigte sein Heer mit dem spanischen. Als darauf Spanien im Frieden zu Basel 1795 sich mit Frankreich aussöhnte u. auch P. von Frankreich der Friede angetragen wurde, wußte England den Frieden zu hintertreiben, u. als darauf die französischen Waffen eine Zeit lang minder glücklich waren, vereinigten die Portugiesen ihre Flotte mit der britischen. Nun erklärte 1801 Spanien an P. den Krieg, doch kam schon den 6. Juni 1801 der Friede in Badajoz zu Stande, nach welchem P. Olivenza abtrat u. den englischen Schiffen seine Häfen verschloß. Im Frieden zu Madrid mit Frankreich, am 29. Dec. 1801, trat P. an Frankreich einen Landstrich von Guinea ab. Bei dem Wiederausbruche des Krieges zwischen England u. Frankreich erkaufte sich zwar P. durch Preußens u. Rußlands Vermittelung für 16 Mill. Franken Neutralität; da aber Bonaparte darauf drang, daß die portugiesischen Häfen den britischen Schiffen verschlossen sein sollten, die Briten aber[386] mit der Wegnahme aller Colonien drohten, so weigerte sich P. Bonaparte's Forderungen nachzugeben. Nun wurde ein Heer unter Junot gegen Min Bewegung gesetzt, P-s Theilung im Tractat zu Fontainebleau den 27. Octr. 1807 ausgesprochen, die königliche Familie gezwungen sich nach Brasi-lien einzuschiffen u. P. von den Franzosen besetzt, s. Spanisch-Portugiesischer Freiheitskampf. Als aber Spanien sich gegen Frankreich erhob, griffen auch die Portugiesen zu den Waffen. In Porto bildete sich 1808 die Junta, welche von England unterstützt wurde, englische Truppen landeten, u. bald waren die Franzosen von allen Seiten bedrängt. In der Schlacht bei Vimeira am 21. Aug. d. I. erlitten die Franzosen eine Niederlage u. mußten, dem Tractat in Cintra gemäß, ganz P. räumen. 1809 rückte zwar Soult mit einem neuen französischen Heere an, schlug die Portugiesen u. stand lange vor den Linien von Torres Vedras, doch zwang ihn endlich Wellesley mit einem britisch-portugiesischen Heere zum Rückzuge, u. der Krieg wurde nun in Spanien fortgesetzt, s. Spanisch-Portugiesischer Freiheitskampf. Unterdessen stand P. unter Englands Oberhoheit, u. Lord Beresford übernahm die Regierung des Landes; als aber Napoleon gestürzt war, wurde dem Hause Bragança der Besitz von P. aufs Neue zuerkannt, u. von Rio Janeiro aus erklärte der Prinzregent P. u. Brasilien als ein vereinigtes Königreich. Am 20. März 1816 starb die Königin Maria, u. Johann VI. folgte ihr als König, blieb aber in Brasilien u. ließ die Regierung in P. ferner durch Beresford führen. 1817 hatte Freyre d'Andrade eine Verschwörung gemacht, um die Engländer zu entfernen, sie wurde aber entdeckt u. die Verschwornen den 18. Oct. d. I. hingerichtet. Unterdessen kam es zwischen P. u. Spanien zu Zwistigkeiten, da Spanien zögerte, Olivenza dem Pariser Frieden gemäß an P. abzutreten; darum ließ der König Johann Monte Video am Plataflusse besetzen, doch kam es zu keinem Kriege. Auf die Verwendung des Papstes erhielten die Juden in P. Duldung, die Freimaurerei aber wurde 1818 streng untersagt. 1820 hatte sich eine neue Verschwörung gegen die Engländer in P. zu Porto gebildet, an deren Spitze der Obrist Se pulveda u. der Graf Antonio de Silveira standen. Sie brach am 24. Aug. aus u. gelang; das Reich wurde für eine constitutionelle Monarchie erklärt, welche bei dem Hause Bragança erblich bleibet sollte. Ein Aufruf an das Volk fand Theilnahme u. eine Junta wurde ernannt, welche die Regierung einstweilen führen sollte. Die Regierung in Lissabon schickte vergebens Truppen gegen die Aufständischen, auch die Versprechungen wegen Concessionen nahmen diese nicht an. Nun brach das Heer in Porto gegen Lissabon auf, wo 15. Sept. die Revolution anerkannt u. die englisch-portugiesische Regierung gestürzt wurde. An ihre Stelle trat eine provisorische Junta, welche den Grafen Palmella nach Rio Janeiro schickte, um den König von den Vorgängen zu benachrichtigen u. zur Rückkehr nach Lissabon einzuladen; dann berief sie die Cortes, welche die Grundzüge der Verfassung entwarfen u. dieselbe 1821 dem Könige zur Bestätigung übersandten, dieser nahm sie auch nach einigem Weigern an u. kehrte Ende 1821 nach P. zurück, seinen ältesten Sohn Dom Pedro als Statthalter mit völliger Gewalt zurücklassend. Die Verfassung, welche am 22. Sept. vollendet u. vom König am 1. October 1822 beschworen wurde, brachte aber dem Reiche viel Schwierigkeiten; da Brasilien mit seinen Wünschen nicht gehört worden war, so riß es sich im Herbst 1822 von P. los (s. u. Brasilien) u. wählte Dom Pedro zum Kaiser; im Mutterlande selbst befehdeten sich zwei Parteien, die constitutionelle u. absolute. Die Königin Charlotte, Gemahlin Johanns VI., weigerte sich die Constitution zu beschwören, u. die Constitutionellen drangen vergebens auf ihre Verbannung. In der Provinz Zamora bereitete der Graf Amarante 1823 eine Gegenrevolution, an deren Spitze sich nachher Dom Miguel, der Bruder des Königs, stellte; durch die Trennung der Constitutionellen in Demokraten u. Gemäßigte, gewann die Partei der Anticonstitutionellen den Sieg; die Cortes wurden am 3. Juni aufgelöst, auch die Verfassung von 1822 wurde aufgehoben u. die Königsgewalt wieder in ihrem vollen Umfange hergestellt, den Klöstern ihre Güter zurückgegeben, die Censur eingeführt, alle geheimen Gesellschaften streng verboten, die nicht ausgewanderten Cortes größtentheils verhaftet u. ein Schreckenssystem unter der Leitung des Infanten Miguel eingeführt. Der König Johann widersetzte sich endlich den gewaltsamen Schritten des Infanten, dieser aber nahm seinen Vater gefangen u. drang auf dessen Entsetzung. Da unterstützte der Befehlshaber der britischen Seestation im Tejo den bedrängten König u. nahm ihn am Bord seines Schiffes auf. Durch englischen Einfluß erhielt er seine Freiheit wieder, u. der Infant mußte sich seinem Vater unterwerfen, er verließ P., die Königin Charlotte wurde in ein Kloster gewiesen u. die gefangenen Minister in Freiheit gesetzt (1. Juli 1824). Die Cortes wurden nun hergestellt u. eine Junta zusammenberufen, unter deren Leitung eine Verwaltung des Landes zu Stande kommen sollte. Aber neue Verschwörungen erhoben sich gegen den König u. das Ministerium, wenn auch ohne Erfolg. Den 15. Jan. 1825 wählte der König ein neues Ministerium, welches sich einzig dem Interesse des Volkes widmen sollte. Den 29. August wurde auch Brasilien als ein selbständiges, von P. unabhängiges Reich gesetzlich anerkannt.

Nach dem Tode Johanns VI., den 10. März 1826, übergab Dom Pedro, Kaiser von Brasilien, die Regentschaft seiner Schwester Isabella Maria; gab den 26. April 1826 dem Lande eine Verfassung (Carta de Ley), nach welcher die Cortes ferner bestehen u. in zwei Kammern die Reichsangelegenheiten berathen sollten, u. ertheilte eine allgemeine Amnestie. Darauf verzichtete er auf die Krone von P. u. übertrug dieselbe seiner ältesten Tochter Maria II. da Gloria unter der ferneren Regentschaft der Isabella Maria. Aber die Absolutisten, an ihrer Spitze der Marquis von Chaves (vormaliger Graf von Amarante), regten das Volk zu neuem Aufstand auf u. machten rasche Fortschritte. Da rief die Regentin England um Hülfe an, u. eine englische Heeresmacht unter William Clinton landete in P. Die Insurgenten wurden mehrmals geschlagen u. gezwungen nach Spanien zurückzukehren, welches sie auf alle Weise unterstützt hatte. Den 3 Juli 1827 ernannte Dom Pedro seinen Bruder Dom Miguel, der sich vorher mit der Königin Maria II., seiner Nichte, verlobt hatte, zum Regenten von P., doch mit der Bedingung, daß die Regierung bis zur Volljährigkeit der Königin nach der Charte geführt werden sollte. Nun kehrte Dom Miguel von Wien zurück u.[387] beschwor den 26. Febr. 1828 die Charte, aber bereits den 3. Mai berief er die alten Cortes nach Lamego u. erklärte den Umsturz der neuen Verfassung; die ausgewanderten Absolutisten kehrten zurück, die berufenen Cortes erkannten Dom Miguel die Krone zu u. am 25. Juni 1828 wurde er als König von P. ausgerufen. Nun verließen die fremden Gesandten Lissabon; am 7. Juli schwor Dom Miguel den alten Königseid, u. eine blutige Reaction begann im ganzen Reiche; alte Staatsdiener, wie die Grafen Barrados u. Subserra, gehörten zu den Opfern, über 15,000 Portugiesen mußten flüchten. Zu diesen Scenen gab die Veranlassung der in Porto am 16. Mai ausgebrochene Aufstand, wo eine constitutionelle Junta sich an die Spitze der Unzufriedenen stellte; aber Dom Miguels General Porras schlug die Truppen der Junta bei Coimbra, 10,000 Miguelisten besetzten am 4. Juli Porto u. Dom Miguel war Herr des Reichs, bis auf die Insel Terceira, welche Graf Villaflor für Maria hielt u. welche die Miguelisten vergeblich angriffen. Als die Königin Maria nach P. kommen wollte, wehrten ihr die Miguelisten die Landung; sie ging nach London, um Hülfe zu erbitten, aber das Ministerium Wellington begünstigte Dom Miguel, sie kehrte daher im November d. I. nach Brasilien zurück. Gleichzeitig erkrankte Dom Miguel u. seine Mutter, Charlotte führte für ihn u. in seinem Sinne die Regierung, wurde aber nach seiner Genesung im Januar 1829 von allen Geschäften u. aus seinem Vertrauen verdrängt, wogegen seine Berather sein Barbier Perez (von ihm zum Baron von Queluz ernannt) u. der Herzog von Cadaval waren; die auswärtigen Angelegenheiten besorgte der Viscomte von Santarem.

Unterdessen hatte das blutige Verfahren gegen die Constitutionellen seinen Fortgang. Im October 1829 wurde Dom Miguel von Spanien als König anerkannt; der Papst u. die Vereinigten Staaten von Nordamerika folgten u. auch die übrigen Mächte sandten wenigstens Geschäftsträger nach Lissabon. Im Januar 1830 starb die Königin Charlotte, u. nun wurden Dom Miguels Maßregeln milder, dagegen reizte er England durch seinen Übermuth, mit welchem er bei Terceira, welches noch für Maria war, durch sein Blokadegeschwader auf englische Schiffe feuern ließ; aber trotzdem erkannte England die Regentschaft auf Terceira unter Palmella nicht an. Die Aufregung, welche durch Emissäre dieser Regentschaft in P. hervorgebracht wurde, bekämpfte Dom Miguet dadurch, daß er im Febr. 1831 von dem Minister Bastos das alte Schreckenssystem herstellen ließ. Die Staatseinkünfte hatten sich in 3 Jahren um mehr als die Hälfte verringert, die öffentliche Schuld stieg bis 330 Mill. Franken u. Zwangsanleihen vernichteten den Credit gänzlich. Im April 1831 blockirte ein englisches u. im Juli ein französisches Geschwader die Tejomündung u. beide Mächte mußten Dom Miguel mit einem Bombardement seines Palastes bedrohen, ehe sie Genugthuung für, an ihren Unterthanen verübten Gewaltthätigkeiten erhielten. Am 10. Juni 1831 kam Dom Pedro nach Europa u. wirkte diplomatisch günstig für seine Tochter. Alle Azoren hatten in dieser Zeit die Fahne der Donna Maria aufgepflanzt, Frankreich u. England leisteten Vorschub, so weit es ging, ohne die Neutralität zu verletzen (denn eine Verletzung derselben würde Dom Miguel in Spanien einen Bundesgenossen gegeben haben, was man zu vermeiden suchte), aber einen ihm angetragenen Vergleich wies Dom Miguel zurück. Im Sept. 1831 stellte sich der Marquis Palmella an die Spitze der Angelegenheiten der jungen Königin u. leitete diese mit solchem Erfolg, daß Frankreich in Madrid erklären ließ, es werde die Absendung auch nur eines Regimentes nach P. als Kriegserklärung betrachten, u. daß sich das britische Ministerium mit Dom Pedro in Unterhandlungen einließ. Nun riethen die spanischen Bourbons selbst dem Dom Miguel zum Rücktritt. Dieser aber rüstete sich u. machte im November wieder eine Zwangsanleihe. Im Febr. 1832 versammelte Dom Pedro seine Expeditionsflotte bet Belle Isle, landete am 8. Juli bei Porto, nahm diese Stadt ohne Widerstand, wo er sich ein ganzes Jahr gegen die Miguelisten hielt, u. ließ durch den Briten Charles Napier das Königreich Algarbien für Donna Maria erobern; dieser vernichtete auch am 5. Juli 1833 beim Cap St. Vincent die Flotte Dom Miguels u. gab so der Sache der Königin ein Übergewicht. Zugleich hatte auch der Tod Ferdinands VII. von Spanien u. der dort noch früher erfolgte Systemwechsel die Sache Dom Miguels zu einer hoffnungslosen gemacht, denn auch Spanien wurde nun entschiedener Gegner Dom Miguels. Der Herzog von Terceira schlug die Miguelisten bei Asseiceira, Napier drang in den Tejo ein, der Herzog von Cadaval mußte Lissabon am 23. Juli aufgeben u. am 24. Juli 1833 zog Villaflor in die Stadt ein u. Donna Maria II. da Gloria wurde zur constitutionellen Königin von P. u. Algarbien ausgerufen. Während am 25. Juli Bourmont vergeblich einen letzten Sturm auf Porto wagte u. in dessen Folge das nördliche Douroufer aufgab, zog am 29. Juli Dom Pedro in Lissabon ein u. übernahm am 30. die Regierung für seine Tochter. Obgleich nun Bourmont sich zwischen den Festungen Elvas u. Estremoz hielt u. Dom Miguel von Coimbra aus mit Manifesten Krieg führte, so erfolgte doch die Anerkennung der Königin Donna Maria da Gloria von Seiten Englands u. Frankreichs, u. diese ging von Paris nach P., wo sie 23. Sept. gekrönt wurde. Die Beschlüsse der Quadrupelalliance (England, Frankreich, Spanien u. P.) vom 23. April 1834 erhielten durch ein spanisches Corps unter Rodil Nachdruck, Dom Miguel mußte Coimbra verlassen u. endlich auch aus seinen Positionen zu Santarem geworfen u. bei Pomar geschlagen, am 26. Mai 1834 die Capitulation von Evora unterzeichnen, nach welcher er allen Ansprüchen auf den Thron von P. entsagte u. weder die Ruhe des Landes je wieder stören, noch das Land selbst betreten zu wollen versprach (widerrief jedoch diese Zusage von Genua aus). Dom Pedro stellte die Charte von 1826 wieder her u. wurde 17. Aug. in der Regentschaft bestätigt; er suchte nun sogleich durch Aufhebung der Klöster u. Einziehung der geistlichen Güter den Finanzen aufzuhelfen, starb aber schon am 24. Sept. 1834.

Noch während seiner Krankheit ließ er seine Tochter Maria II. für majorenn erklären u. stellte die Herzöge von Terceira (Villaflor) u. Palmella an die Spitze ihres Cabinets. Die Königin aber, seit 26. Jan. 1835 mit dem Herzog August von Leuchtenberg (welcher indeß schon am 28. März d. I. starb) vermählt, konnte sich nicht mit ihnen einigen u. stellte den Marschall Saldanha an die Spitze der Regierung, welcher indeß auch nicht im Stande[388] war, die immer drohender werdenden demokratischen Bewegungen im Lande zu unterdrücken. Die Königin vermählte sich am 9. April 1836 in zweiter Ehe mit dem Prinzen Ferdinand von Sachsen-Koburg, welcher nicht gleich die Popularität bei den Portugiesen gewann, u. dessen Ernennung zum Generalissimus der Armee die Königin erst durch zwei Cortesauflösungen erreichte. Am 9. Sept. 1836 brach der langgefürchtete Aufstand aus; die Truppen schlossen sich der Bewegung an, die Demokraten (von dem Monat des Ausbruchs Septembristen genannt) siegten u. die Königin sah sich gezwungen ihre Minister zu entlassen u. die von den Insurgenten proclamirte Constitution von 1822 anzunehmen. Der Graf Bomsin, welcher die Insurrection mit geleitet hatte, wurde Kriegsminister u. Ministerpräsident. Vergebens versuchten die Anhänger der Charte Dom Pedros (daher Chartisten genannt) u. mit ihnen ein Theil des Adels unter Saldanha u. Terceira im Nov. 1836 eine Gegenrevolution im Norden, sie sahen sich im Sept. 1837 zur Unterwerfung genöthigt. Noch während dieser Kämpfe traten die Cortes zur neuen Constituirung der Charte zusammen. Sie behielten in der vom 10. Sept. datirten neuen Charte die Art der Wahlen u. die anderen demokratischen Grundlagen der Constitution von 1822 bei, gestanden aber der Königin das absolute Veto zu. Die neue Verfassung wurde am 4. April 1838 beschworen. 1839 gerieth P. mit England in Differenzen, u. um einen Krieg zu vermeiden, mußte die Königin die Cortes, welche größtentheils aus Septembristen bestanden u. gegen England eine schroffe Stellung angenommen hatten, am 25. Febr. 1840 auflösen, u. bald kam nun eine Aussöhnung mit England zu Stande. 1841 erfolgte auch eine Aussöhnung mit dem Papst u. den dreinordischen Mächten. Aber das Parteitreiben im Lande ruhete nicht; am 19. Jan. 1842 machten die Chartisten unter Costa Cabral in Porto einen Aufstand u. proclamirten 31. Jan. die Charte Dom Pedros von 1826, worauf sich auch die Municipalität von Lissabon der Bewegung anschloß; so wurde am 10. Febr. 1842 die Charte Dom Pedros wieder hergestellt u. das Haupt der Chartisten, der Herzog von Terceira, trat mit Costa Cabral an die Spitze der Geschäfte. Der Herzog von Terceira übergab aber bald das Ministerium an de Aguilar u. wurde Oberbefehlshaber der Truppen in Lissabon. Auf diesen Sieg der Chartisten erfolgte im Sommer 1842 ein Handelsvertrag mit England u. Anschließung an dessen System gegen die Sklaverei, dagegen erhoben sich Differenzen mit Spanien, doch wurden auch diese durch englische Vermittelung ausgeglichen. Nun übernahm der Herzog von Terceira wieder die Präsidentschaft. Ein Aufstand in Porto am 31. Jan. 1843 wegen erhöhter Steuern wurde unterdrückt. Im Sommer 1843 wurde von den Cortes die Zahl der Bischöfe von zwölf auf sechs herabgesetzt u. das Einkommen derselben vermindert. Ein Manifest Dom Miguels, worin dessen Rückkehr verheißen wurde, dessen Echtheit aber Zweifeln unterlag, ging spurlos vorüber. Gefährlich erschien dagegen eine Militärinsurrection der Septembristen im Februar 1844 zu Torres novas unter Cesar de Vasconcellos. Sogleich wurde die Habeascorpusacte auf 20 Tage suspendirt u. P. in Belagerungszustand erklärt. Die Rebellen bemächtigten sich aber Fundao's u. Castello Brancos u. wendeten sich südlich gegen Montalvan zu; der Graf Bomfin trat an ihre Spitze, rief von Alaine aus zu den Waffen u. bemächtigte sich Almeidas, weches nun Hauptsitz der Insurrection wurde, aber nach langer Beschießung am 29. April fiel.

In Folge dieser Insurrection wurde durch Decret vom 29. Sept. die Universität Coimbra, wo die Studenten eine Erhebung versucht hatten, u. der ganze Primär- u. Secundärunterricht einer durchgreifenden Reorganisation unterworfen, u. dann von den Cortes dem Ministerium Cabral eine sogenannte Indemnitätsacte, d. i. eine Gutheißung aller Schritte, welche er, ohne sich streng an die Verfassung zu halten, gethan hatte, bewilligt. Um den zerrütteten Finanzen nur einigermaßen aufzuhelfen, wurden im Budget auf 1845 die Ausgaben plötzlich um 515,053 Milreïs gemindert u. zwar hauptsächlich durch Verminderung der Pensionen der fremden Offiziere. Das Jahr 1845 zeichnete sich durch seine Ruhe aus, welche die Regierung durch Strenge im Lande aufrecht erhielt. Das Ministerium machte mehre Pläne für das Wohl des Landes u. die Zufriedenstellung des Volks, aber sie wurden wegen der Unruhen des Jahres 1846 nicht ausgeführt. In Porto kam es am 8. März 1846 zu einem Aufstande gegen die Jesuiten. In der Provinz Minho empörte sich das Landvolk wegen des immer größer werdenden Steuerdrucks u. am 14. April rückten gegen 2000 Bauern in die Stadt Braga u. griffen die Kaserne an. wurden zwar zurückgeschlagen, regten aber die ganze umliegende Gegend zum Aufstand auf. Zur Unterdrückung dieser Aufstände wurden energische Maßregeln ergriffen, das Kriegsgesetz proclamirt, auch die Cortes unter dasselbe gestellt, die periodische Presse suspendirt u. der allgemein verhaßte Silva Cabral, Bruder des Ministers, mit ausgebreiteter Vollmacht nach Porto gesendet, wo er zahlreiche Verhaftungen vornehmen ließ. Aber der Aufstand dauerte nicht nur in der Provinz Minho fort u. organisirte sich ganz militärisch, sondern verbreitete sich auch nach den Provinzen Tras-os-Montes, Beira u. Alemtejo. Da Cabral in Folge der Verordnung, daß alle öffentlichen Beamten sich in ein Bataillon reihen sollten, dieses Ansinnen auch an die Universitätslehrer in Coimbra gestellt, diese sich aber dessen geweigert hatten, so wurde am 11. Mai die Universität geschlossen. Diese Opposition der Universität, verbunden mit dem gleichzeitig erfolgenden Austritt der ausgezeichnetsten Mitglieder der Pairskammer, u. das Mißtrauensvotum, welches die Depntirtenkammer gegen das gegenwärtige Ministerium an die Königin abgab, machten auf die Nation den tiefsten Eindruck u. steigerten die Aufregung noch mehr. Die Landleute kamen zu Tausenden nach Coimbra u. besetzten am 16. Mai die Stadt, welche nun der Hauptherd des Aufstandes wurde. In Porto hatte zwar S. Cabral die Pläne der Aufständischen augenblicklich vereitelt, aber bereits am 17. Mai verließ er die Stadt u. kehrte nach Lissabon zurück. Da auch hier Niemand sich zur Vertheidigung des Ministeriums Cabral erhob, so gab dasselbe seine Entlassung. Die Königin beauftragte hierauf den Herzog von Palmella mit der Bildung eines neuen Cabinets, in welches vor der Hand nur Terceira u. Saldanha traten, u. versprach ernste Berücksichtigung u. baldige Abhülfe der Klagen des Volkes zugleich wurde die Presse für frei erklärt u.[389] die unter dem letzten Ministerium erlassenen Sanitäts- u. die neuen Steuererhebungsgesetze aufgehoben. Allein trotz aller dieser Concessionen kehrte die Ruhe im Lande nicht zurück, überall errichteten die Städte Junten, während ein Corps Patrioten gegen Lissabon rückte u. alle Flecken u. Dörfer jenseits des Tejo, der Hauptstadt gegenüber, sich für den Aufstand aussprachen; am 25. Mai kam es in Lissabon selbst zwischen den Truppen u. dem Volk zu einem mehrstündigen Straßenkampfe, durch welchen endlich die Sache zur Entscheidung gebracht wurde. Zunächst vervollständigte sich das Ministerium u. zwar aus chartistischen Elementen (die Finanzen nebst dem Präsidium erhielt der Herzog von Palmella, das Innere Mousinho de Albuquerque, Justiz u. Cultus de Soure, die Marine u. provisorisch das Kriegsportefeuille Loureiro, das Auswärtige Graf Lavradio). Gleichzeitig wurden die Cortes aufgelöst. Die Gebrüder Cabral gingen außer Land. Auf die gesammten Verhältnisse des Landes, namentlich die Finanzen, machte dieser Umschwung der Dinge einen mächtigen Eindruck. Die Bank von Lissabon stellte für drei Monate ihre Baarzahlungen ein, weil ihr bei dem ungeheueren Andrang u. der Unmöglichkeit, Gold, Juwelen u. Sicherheiten bei dem aufgeregten Zustand des Landes in Geld umzusetzen, nur dieser Weg übrig blieb; in gleicher Weise wurde der Actiengesellschaft Confiança die Einstellung der Baarzahlungen auf drei Monate erlaubt. Während zur Befriedigung des Volks u. Stillung des Aufstandes die Regierung Amnestie für politische Vergehen, Bewaffnung der Nationalgarde u. Auflösung des Staatsrathes verfügte, ließ man es sich vorzugsweise angelegen sein, dem sehr zerrütteten Finanzwesen die ganze u. ungetheilte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Allein trotzdem dauerte die Anarchie in vielen Districten des Landes fort, indem man nirgends Gehorsam leistete, die neuernannten Behörden vertrieb od. gegen sie protestirte, während an Erhebung von Abgaben nicht gedacht werden durfte, in den nördlichen Provinzen überdies auch noch miguelistische Guerillabanden ihr Unwesen trieben u. endlich die Oppositionsblätter sich in Schmähungen gegen das Ministerium, bes. gegen den Kriegsminister Loureiro (welcher bemüht war der Anarchie nach Kräften Widerstand zu leisten), ergingen. Da bildete sich mitten in diesen Wirren durch die Vereinigung der Hofpartei u. der Armee u. unter dem Vortritt der Marschälle Saldanha u. Terceira eine Contrerevolution in rein monarchischem Sinne, welche Beseitigung des bestehenden Ministeriums u. Wiederherstellung des alten Absolutismus zum Zwecke hatte. In der Nacht des 6. October schritt man zur Ausführung des Planes. Der Herzog von Palmella u. General Bomsin wurden abgesetzt (u. einstweilen im Palast gefangen gehalten) u. alle Truppen der Garnison am 7. Oct. nach dem Platze des Terreiro in der Nähe des Schlosses berufen. Das neue Ministerium bestand aus dem Präsidenten Saldanha, Farinho Minister der Gnaden u. der Justiz, de Castro Minister der Marine u. Oliveira des Innern, die Nationalgarde wurde aufgelöst, alle constitutionellen Garantien auf 30 Tage außer Wirksamkeit gesetzt u. das neue Ministerium mit der Dictatur bekleidet u. der Herzog von Terceira zum Vertreter der Krone für die nördlichen Provinzen ernannt u. ihm völlig freie Hand gegeben zu thun, was er für gut fände. In der Hauptstadt selbst wurde Widerstand dagegen weder geleistet noch versucht, aber in den Provinzen erhob sich alsbald ein furchtbarer Widerstand, namentlich in Coimbra u. Porto, in welcher letztern Stadt nicht nur der Herzog von Terceira gleich nach seiner Ankunft in der Eigenschaft eines königlichen Bevollmächtigten sofort verhaftet, sondern auch die Königin des Thrones für verlustig erklärt, der älteste Prinz als König proclamirt u. unter dem Namen Juuta Suprema eine Regentschaft unter dem Marquis von Loulé u. dem Grafen das Antas ernannt wurde. Obgleich aber die Regierung Militär nach Porto schickte u. die verabschiedeten Militärs von 1842 zu den Waffen rief u. zahlreiche Jägercorps bildete, welche mehre Gefechte gegen die Insurgenten gewannen, ging es mit der Niederwerfung des Aufstandes doch sehr langsam. Das Hauptheer der Insurgenten befehligte das Antas, ihm gegenüber stand Saldanha, doch kam es zu keiner entscheidenden Schlacht zwischen ihnen.

Endlich nahmen die Angelegenheiten der Regierung durch einen Sieg der königlichen Truppen plötzlich eine günstigere Wendung. Schon bei Chaves in Nordportugal war es am 16. Nov. zwischen einer Abtheilung des Insurgentenheeres unter Sa da Bandeira u. einem Corps königlicher Truppen unter Cazal zu einem Treffen gekommen, in welchem die Aufständischen geschlagen wurden u. das 13. u. 15. Infanterieregiment zu den Königlichen übergingen, deren Reihen sich seitdem täglich vermehrten; aber eine größere Niederlage erlitten die Insurgenten bei Torres Vedras am 22. Dec. durch Saldanha, worauf sich Bomsin am folgenden Tage ergab. Am 26. Dec. nahm Casal die von Miguelisten unter Macdonald besetzte Stadt Braga, u. gleichzeitig fiel Coimbra in die Hände der Königlichen. Allein trotz dieses neuen Glücks der Königlichen brachte doch das scheidende Jahr 1846 keine Entscheidung. Die Insurgenten hatten ihre Kräfte (11,000 Mann) in Porto concentrirt, wo der Herzog von Terceira noch immer gefangen saß; einen Aufschwung schien ihre Sache zu bekommen einmal durch die Verbindung der Septembristen u. der Miguelisten, um ihre gemeinsame. Gegnerin, die Königin, vereint zu bekämpfen, wobei beide Parteien sich dahin einigten, daß nach erlangtem Siege die Cortes entscheiden sollten, ob der Sohn des Marquis von Loulé als Pedro V. od. Dom Miguel die Krone erhalten solle; u. dann dadurch, daß gleichzeitig auch die Azorischen Inseln sich gegen die Königin erklärten. Obgleich es nun aber durch verdoppelte Anstrengung von Seiten der Regierung gelang, die Insurgenten wenigstens in Schach zu halten, so wurde doch die Lage der Regierung immer bedenklicher. Es kam dazu, daß selbst in Lissabon die Stimmung immer gereizter wurde, daß die Finanznoth immer höher stieg u. die Beamteten Monate lang vergeblich auf ihre Gehalte warten mußten, daß die Aufbringung einer Anleihe sowohl im In- als Auslande scheiterte, daß durch massenhafte Desertionen in der königlichen Armee diese sehr geschwächt wurde, wogegen die der Insurgenten sich verstärkte, weshalb Saldanha unthätig in seiner alten Stellung stehen bleiben mußte, während Sa da Bandeira am 30. März mit drei Schiffen u. 1250 Mann an Bord die königliche Blockade vor Porto durchbrach u. entkam. Unter diesen Umständen rief die Königin am 12. April auf Grund des Quadrupelvertrags vom 22. [390] April 1834 die Intervention Englands, Frankreichs u. Spaniens an, während sie den Aussländischen eine beschränkte Amnestie, die Herstellung der Verfassung, die Einberufung der Cortes u. die Berufung eines gemischten Ministeriums in Aussicht stellte. Sofort wurden englische, französische u. spanische Truppen zum Schutz der Königin, sowie zur Erhaltung der bedrohten Sicherheit der Hauptstadt, ans Land gesetzt, u. gleichzeitig rückten 4000 Mann spanische Truppen an die Grenzen P-s. Die Verwirrung stieg jetzt in P. auf den höchsten Grad, u. ehe noch eine definitive Regelung der Verhältnisse ermöglicht werden konnte, nahm der Aufstand nochmals eine solche Ausdehnung an, daß die Königin fast nur noch in Lissabon u. der Umgegend anerkannt war, wo die fremden Truppen as Volk von Empörung zurückhielten. Erst gegen Ende April gelang es der Thäigkeit des britischen Gesandten Sir H. Seymour die Königin zu einer allgemeinen Amnestie, zur Bildung eines neuen gemäßigt liberalen Ministeriums u. zu Unterhandlungen mit den Insurgenten zu bestimmen. Nur die alsbaldige Berufung der Cortes unterblieb wegen des aufgeregten Zustandes im Lande. Das neue Ministerium, welches am 27. April 1847 in Thätigkeit trat, bestand aus Bayard für das Auswärtige, Leitao für Justiz, Proença für Inneres, Tojal für Finanzen u. Marine, Ponte da Barca für den Krieg. Die von dem englischen Obersten Wylde geleiteten Unterhandlungen mit den Insurgenten hatten Anfangs einen wenig befriedigenden Fortgang. Zwar wurde mit den Insurgenten unter Sa da Bandeira in Setubal ein Waffenstillstand abgeschlossen, dagegen weigerte sich die Revolutionsjunta von Porto entschieden die ausgebreitetsten Concessionen durch Vermittlung der Engländer vom 6. Mai anzunehmen. Darauf zeigte in Folge weiterer Verhandlungen zwischen den Bevollmächtigten der intervenirenden Mächte Sir H. Seymour 20. Mai dem Präsidenten der Junta in Porto, Grafen Das Antas, an, daß er sich bis zum Eingang neuer Instructionen von Seiten der verbündeten Mächte aller Unternehmungen zu enthalten habe, sowie daß man kein der Junta gehöriges Schiff in Porto od. in andere Häfen einlaufen lassen werde, wogegen 21. Mai im auswärtigen Amte zu London das Protokoll über die Conferenz der Bevollmächtigten Spaniens (Isturitz), Frankreichs (Graf von Jarnac), P-s (Herzog von Moncorvo) u. Großbritanniens (Lord Palmerston) unterzeichnet wurde, des Inhalts: auf die Erklärung des portugiesischen Bevollmächtigten, daß es vergeblich gewesen sei, die Junta zu Porto zur Einstellung des Bürgerkriegs zu vermögen, u. auf dessen Verlangen wird beschlossen, der Königin von P. sofort Hülfe zu leisten; die Flotten sollen an allen für nöthig erachteten Maßregeln Theil nehmen u. Spanien schickt ein Truppencorps nach P. Aber ungeachtet dieser energischen Schritte der verbündeten Mächte versuchten die Aufständischen immer noch Widerstand, daher am 31. Mai die drei Dampfschiffe der Junta zu Porto nebst einer Corvette u. vier kleine Fahrzeuge mit dem Grafen das Antas u. etwa 4000 Mann in See gingen, um Sa da Bandeira in Setubal die nöthige Verstärkung zuzuführen. Allein kaum hatten die Fahrzeuge die Barre passirt, als sie von dem britischen Geschwader aufgefordert wurden sich zu ergeben. Das Autas strich die Segel u. ergab sich, worauf auch Sa da Bandeira am 2. Juni in die Einstellung der Feindseligkeiten bis zur Ankunft neuer Instructionen der Junta einwilligte u. die Junta von Porto am 3. Juni dem britischen Consul Johnston erklärte, die ihr am 6. Mai angebotenen Bedingungen annehmen zu wollen. In Folge dieser Erklärung erschien 9. Juni eine königliche Proclamation, worin eine allgemeine Amnestie, Wiedereinsetzung in die nur nach Urtheil u. Recht verlierbaren Ämter u. in alle Würden, Einberufung der Cortes u. Anordnung von Wahlen, sobald die Ruhe hergestellt sein werde, versprochen wurde. Doch war auch jetzt die Sache immer noch nicht zum Endresultate gebracht; denn als die am 10. Juni in Lissabon veröffentlichte Amnestie eine große Aufregung hervorrief, erklärte die Königin, die Amnestie solle erst in Kraft treten, wenn. die Junta u. alle Streitkräfte im ganzen Lande sich unterworfen haben würden, eine. Clausulirung, in Folge deren sich die Junta in Porto ferner zu vertheidigen beschloß. Aber von 10–12,000 Mann spanischer Truppen aufs engste eingeschlossen, capitulirte Porto. Abgesehen von dem Getreibe einzelner versprengter Guerillabanden, kehrte nunmehr äußerlich die Ruhe überall zurück, wenn auch die wahre Ordnung u. die Consolidirung der öffentlichen Verhältnisse, namentlich wegen der fortdauernden Finanzverlegenheiten, noch auf sich warten ließ. Im Lauf des Monat Juli unterwarfen sich auch die Azoren, als das Geschwader der verbündeten Mächte erschien, der Autorität der Königin.

Bei der fortdauernden Zögerung der Königin, die Stipulationen der Verbündeten zu erfüllen, namentlich eine liberale Regierung einzuführen, weshalb sich an mehren Orten schon wieder Unordnungen zeigten, übergaben die Gesandten der drei alliirten Mächte am 5. Aug. eine Collectivnote, in welcher eine Änderung des bestehenden Ministeriums verlangt wurde. In Folge deren berief die Königin am 23. Aug. folgendes neue Ministerium: Auswärtiges Baron Luz, Krieg Almofatta, Finanzen Franzini, Marine Jago de Fontes Pereira, Inneres Antonio Azevedo Mello e Carvalho, Justiz u. Cultus Antonio Fernandes de Silva Ferrao. Das Programm dieses neuen Cabinets lautete auf Versöhnung der Parteien, Beobachtung der Charte, Erfüllung der eingegangenen diplomatischen Verbindlichkeiten etc. Das Decret wegen der Corteswahlen bestimmte den Anfang derselben auf die erste Woche des Nov. u. erklärte außer den, durch die Höhe der von ihnen bezahlten directen Steuern Stimmberechtigten auch alle Staatsdiener u. Staatspensionäre, welche eine Einnahme von 100 Milreis jährlich hätten, für stimmberechtigt, wodurch die Palastpartei die große Menge Beamten für sich gewann u. den Liberalen jede Aussicht auf einen Erfolg ihrer Thätigkeit entzog. Unbefriedigt in ihren Erwartungen hielten Letztere einen Theil der Bevölkerung des Landes in Aufregung u. gaben dem Parteigetreibe neue Nahrung. Am thätigsten u. geschicktesten nützten diese Umstände die Chartisten; bereits noch im August kehrte Costa Cabral von Cadix nach Lissabon zurück, u. bei den Corteswahlen im Novbr. trugen die Chartisten über die Septembristen den Sieg davon. Das Land konnte sich unter diesen Umständen das ganze letzte Viertel des Jahres 1847 weder von den Stürmen des Jahres erholen, noch aus der Finanznoth u. den Ministerkrisen herauskommen. Noch in den ersten Tagen[391] des Novbr. machte der britische Gesandte der Königin dringende Vorstellungen, die Bedingungen der letzten Intervention, bes. die eines gemäßigt liberalen Ministeriums, zu erfüllen, worauf endlich am 16. Decbr. das bisherige Ministerium zurück- u. an dessen Stelle das Ministerium Saldanha trat. Saldanha selbst behielt neben dem Präsidium noch das Auswärtige u. den Krieg, Bernardo Gorgao Henriques erhielt das Innere, Joaquim José Falcao die Finanzen, A. Albano de Silveira Pinto die Marine, Joaquim José de Queiros die Justiz u. Baron de Francos den Krieg.

Am 1. Januar 1848 wurden die Cortes von der Königin in Person eröffnet. Am 29. März erfuhr das Cabinet abermals eine Modification, wonach das Portefeuille des Auswärtigen José Joaquim Gomez de Castro, das der Justiz Joao Elias u. das der Marine Baron d'Ourem erhielt. Im Lande zeigte sich keine erfreuliche Änderung, Handel u. Gewerbe stockten, die Arbeiter hatten keinen Verdienst; die Regierung blieb ohne Mittel die laufenden Ausgaben zu bestreiten u. die Zinsen der Schulden zu bezahlen; die Staatspapiere verloren mehr u. mehr an ihrem Credit, u. weder die Regierung noch die versammelten Cortes wußten Rath zu schaffen, diesen Übeln zu begegnen. Am 19. Aug. wurden die Cortes wieder geschlossen, ohne auch nur etwas für das Wohl des Landes Ersprießliches beschlossen zu haben. Der durch einen abermaligen Ministerwechsel vom 30. Jan. 1849 aus Ruder gekommene neue Finanzminister Branco zeigte zwar große Energie, allein auch er war der schwierigen Aufgabe einer Regelung der portugiesischen Finanzen nicht gewachsen. Am 19. Juli 1849 trat Costa Cabral, zum Graf von Thomar ernannt, an die Spitze des Ministeriums, zugleich mit dem Portefeuille des Innern betraut, mit ihm wurde Minister der Finanzen Avila, des Auswärtigen Graf von Tojal, der Justiz Felix P. Magelhaes, des Krieges Oberst Ferreri u. der Marine Florido. Etwas besser gestalteten sich die Verhältnisse im Jahre 1850, als eine Anzahl Ausländer, bes. Engländer, die Ruhe des Landes benutzend, mehre Industriezweige (bes. die Fabrikation von Teppichen, Tüchern, Seidenzeugen u. chemischen Producten) in größerem Maßstabe auszubreiten begann. Dagegen kam die Regierung während dieses Jahres in große Verlegenheiten durch mehre Streitigkeiten mit dem Auslande, u. zwar zuerst mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika; am 19. Juni erschienen zwei amerikanische Fregatten im Tejo, welche zur Befriedigung nordamerikanischer Bürger die Summe von 350,000 Doll. verlangten. Da die portugiesische Regierung einen Theil der Forderung als ungerecht verweigerte u. der amerikanische Gesandte Clay über keine Forderung von den übrigen getrennt verhandeln wollte, so forderte er am 11. Juli seine Pässe u. ging einstweilen nach Gibraltar. Die Sache wurde später auf diplomatischem Wege ausgeglichen. In gleicher Weise erhob im Herbst England Forderungen für zwei seiner Unterthanen. Ein noch bedenklicherer Streit entspann sich mit China, wo der portugiesische Statthalter von Macao, do Amaral, in einem Aufstande ermordet worden war, weswegen die Regierung gegen Ende des Jahres 1850 ein Geschwader dahin abgehen ließ, um den Tod do Amorals zu rächen u. Macao zu schützen. Diese Expedition betraf aber das Unglück, daß in den indischen Gewässern die Dampffregatte Donna Maria mit 200 Mann Besatzung in die Luft flog.

Im Jahre 1851 brach eine neue Revolution aus. Um die Opposition gegen den fortwährend von dem Haß des Landes verfolgten Ministerpräsident Graf von Thomar zum Schweigen zu bringen, wurde von den Anhängern der Regierung in der Deputirtenkammer im März ein Gesetz zur Beschränkung der Presse durchgebracht, welches große Mißstimmung hervorrief; dazu kam, daß den Beamteten u. Militärs ihre Besoldung sehr unregelmäßig ausgezahlt wurde u. daß der Herzog von Saldanha, weil er mit der Opposition gestimmt hatte, seines Amtes als Oberhofmeister der Königin entsetzt worden war. Jetzt erhob Saldanha am 8. April 1851 in Cintra an der Spitze der dortigen Besatzung die Fahne der Empörung, zog in Mafra u. Santarem Truppen an sich u. erließ von Leiria aus am 11. April eine Aufforderung an den Herzog von Terceira, seinen Einfluß bei der Königin zur Entfernung Costa Cabrals zu verwenden, dann würde die von ihm gemachte militärische Demonstration der Königin ohne Nachtheil sein, im entgegengesetzten Falle würden alle Provinzen aufstehen. Indeß brachen schon Tags darauf der König u. der Herzog von Terceira ebenfalls nach Santarem auf, um diese festeste Stadt des Königreichs mit den bedeutendsten Niederlagen von Waffen u. Kriegsmunition sich zu erhalten, u. überholten Saldanha. Dieser aber zog am 24. April nach Porto, wo der Aufstand ausgebrochen war, stellte sich dort an die Spitze der Insurrection u. war factisch der Gebieter von P. Kaum hatte die Nachricht hiervon am 26. April Lissabon erreicht, als das Ministerium Costa Cabral seine Entlassung anbot u. die Königin, der übermächtigen Partei der Chartisten, welcher nun auch die demokratische Partei (Petulla) beitrat, nachgebend, am 4. Mai Saldanha zum Conseilpräsidenten ernannte. Dieser kam 15. Mai nach Lissabon u. leitete als Ministerpräsident u. Kriegsminister die öffentlichen Angelegenheiten mit Fonseca da Magalhaes, Minister des Innern, Antonio Maria de Fontes Pereira de Mello, Finanzminister, Antonio Luiz de Seabra, Justizminister, Vicomte d'Almeida Garrett, Minister des Äußeren, Jervis d'Antouquia, Marineminister. Die Anhänger der alten absoluten Monarchie od. Miguelisten, die liberalconservativen Freunde einer verfassungsmäßig verbrieften Freiheit u. die radicalen Septembristen sollten durch eine straffe Militärgewalt im Zaume gehalten u. auf fester Grundlage geregelte Zustände geschaffen werden. Der Herzog übte dictatorische Gewalt, welche nur auf kurze Zeit von dem Landtage von 1852 unterbrochen war, aber mit der Eröffnung der Kammern zu Anfange des Jahres 1853 zu Ende ging. Während seiner uneingeschränkten Gewalt hatte er nicht weniger als 235 Decrete erlassen, noch am 31. Decbr. 1852 eins der wichtigsten, die Verwandlung mehrer alter Abgaben in eine Grundsteuer. Obwohl durch die radicale Partei ans Ruder gekommen, umgab er sich doch immer mehr mit Männern der Verfassungspartei, deren Haupt, Graf Thomar, er eben erst gestürzt hatte, u. suchte sich hauptsächlich dadurch zu erhalten, daß er die Opposition der Constitutionellen durch die radicale Partei, die der radicalen durch die Constitutionellen überwältigte; als aber der Widerstand gemeinsam wurde, löste er am 24. Juli 1852 die Kammern auf. Vor der Auflösung waren mehre Abänderungen der Verfassung vereinbart worden, u.a. die Verwandlung der[392] mittelbaren Erwählung der Abgeordneten der zweiten Kammer in eine unmittelbare. Eine neue Verlegenheit wurde 1852 der Königin Maria in dem Miguelistischen Lager bereitet, indem Dom Miguel, welcher sich am 24. Sept. 1851 auf Schloß Heubach in Baiern mit der Prinzessin Adelheid von Löwenstein-Wertheim-Rochefort vermählt hatte, am 18. Juni 1852, in Erwartung von deren Entbindung, von Langenselbold im Kurfürstenthum Hessen aus seinen Protest vom 20. Juni 1834 gegen seine Entthronung u. Verbannung aus P. erneuerte u. für sich u. seine Nachkommen alle ihm u. diesen nach den bis 1834 geltenden portugiesischen Grundrechten zustehenden persönlichen u. politischen Rechte reclamirte. Diese Proclamation, welche fast in allen Lissaboner Blättern abgedruckt wurde, brachte unter dem Adel eine, die Regierung mit Besorgniß erfüllende Bewegung hervor, so daß diejenigen, welche eine Huldigungsfahrt nach Deutschland an den Hof Dom Miguels machten, auf 2 Jahre aus P. verbannt wurden. Die darauf am 5. Aug. 1852 auf Schloß Heubach erfolgende Niederkunft der Prinzessin mit einer Tochter fand mit allen bei Prinzen von Geblüt üblichen Formalitäten statt. Eine neue Unzufriedenheit erregte die Herabsetzung der Zölle, indem die Opposition diejenigen, welche bei der Verzögerung der Publication des Weinexporttarifs durch die Stockung des Handels, bes. in Porto, verloren, gegen die Regierung aufreizte, anderntheils die, von englischem Einfluß influirte Freihandelspartei auch eine Tarifreduction für Wollen- u. Baumwollenwaaren verlangte. Dagegen wurde das Anfangs Oct. erschienene octroyirte Wahlgesetz, welches die directe Wahl begünstigte u. das active Wahlrecht allen Portugiesen, welche 1000 Realen haben u. 25 Jahre alt od. bei einem Alter von 21 Jahren verheirathet sind, ferner Offizieren, Geistlichen, Baccalaureen ohne Census etc. verlieh u. wonach das passive Wahlrecht ohne Bedingung des Wohnorts alle Wähler erhielten, welche ein Einkommen von 8000 Realen haben od. in die Kategorie der Capacitäten gehören, mit Befriedigung aufgenommen.

Nach der am 2. Jan. 1853 erfolgten Eröffnung der Cortes zeigte es sich, daß die Deputirten in ihrer Majorität ministeriell aus den Wahlen hervorgegangen, die Pairs aber oppositionell geblieben waren. Es handelte sich um eine Anerkennung der zahlreichen u. wichtigen von der dictatorischen Gewalt ausgegangenen Maßregeln in Bausch u. Bogen, welche die Deputirten beschlossen, wogegen aber die Pairs sich sträubten. Saldanha aber vermehrte die Zahl derselben um 20 neue u. erlangte auf diese Weise auch die Zustimmung in dieser Kammer. Unter den fraglichen Maßregeln standen die finanziellen obenan. Die Staatsschulden waren für P. erdrückend; sie erforderten, wenn alle eingegangenen Verbindlichkeiten erfüllt würden, eine jährliche Ausgabe von 4000 Conto Reis (6,466,666 Thlr.); da nun die gesammte Einnahme im J. 1852 nur 10,793 Contos betrug, so versuchte Saldanha Maßregeln, welche allerdings mehr einen militärischen, als finanziellen Charakter hatten. Seit 1849 hatte die Staatskasse nicht mehr die Zinsen der Staatsschuld ausgezahlt u. vom 1. Juli 1848 bis 31. Juli 1851 war sie die Gehalte u. Pensionen schuldig geblieben; beide Rückstände wurden durch ein Decret vom 3. December 1851 in ein zu 3 Procent zu verzinsendes Capital umgewandelt, u. durch Decret vom 18. December der Zinsfuß sämmtlicher Staatsschulden auf 3 Procent herabgesetzt. Dadurch litt schon die portugiesische Bank, welche dem Staate 4000 Conto vorgestreckt hatte, außerdem aber durch ein Decret vom 30. August 1852, wodurch die Regierung ein der Bank zur Benutzung für das Staatsschuldenwesen vertragsmäßig anvertrautes Capital entnahm u. zur Ausführung von öffentlichen Unternehmungen bestimmte. Allein die Londoner Bank weigerte sich die neuen portugiesischen Staatspapiere in den Curszettel aufzunehmen u. die portugiesische widersetzte sich ebenfalls, indem sie sich über Bruch des mit ihr abgeschlossenen Vertrages u. die daraus entspringenden Nachtheile beklagte. Der Zweck dieser Maßregel war, die Ausgabe, welche im J. 1852 2095 Conto mehr als die Einnahmen betrug, mit letzteren ins Gleichgewicht zu bringen u. Geld zu erhalten, um zur Hebung des öffentlichen Wohlstandes namentlich Eisenbahnen zu bauen. Sie reichten aber nicht aus; mehre Ausgaben, auch die Beamtengehalte, wurden herabgesetzt u. durch die neue Einrichtung des Steuerwesens die Einnahme erhöht; indeß die Regierung stieß bei der Ausführung auf Hindernisse, da weder ein Kataster noch städtische Angaben über die Steuerkraft des Landes vorhanden waren. Doch wurde der Fehlbetrag im Staatshaushalt wesentlich vermindert, u. der Bau der Eisenbahnen ging vorwärts. Da auch die portugiesischen Eisenbahnactien an der Londoner Börse nicht zugelassen wurden, bildete sich in P. selbst eine Gesellschaft zum Bau einer Eisenbahn von Lissabon nach der spanischen Grenze, welche das nöthige Geld aufbrachte. In Bezug auf die äußeren Verhältnisse hatte der Minister Garrett mit Frankreich den Abschluß eines Vertrages über die Rechte u. Pflichten der Portugiesen, welche sich in Frankreich, u. der Franzosen, welche sich in P. niederlassen, sowie über die Stellung der gegenseitigen Handelsconsuln verabredet; er nahm in Folge des Vorwurfes, daß er dies ohne verfassungsmäßige Ermächtigung gethan, seine Entlassung (August 1852). Der Vertrag kam aber zu Stande trotz der englischen Regierung, welche nur ungern sah, daß neben ihr auch andere Mächte in P. Einfluß gewännen. Die Leitung der äußeren Angelegenheiten übernahm der Marineminister mit u. da mit Garrett auch Seabra aus dem Ministerium trat, erhielt (3. September 1853) da Silva Pereira das Ministerium der Justiz u. des Cultus. Im Allgemeinen war es der Klugheit u. Mäßigung Saldanhas gelungen, die öffentlichen Angelegenheiten auf die Bahn der Ruhe u. Gesetzlichkeit zurückzuführen.

Am 15. Nov. 1853 starb die Königin Maria II. da Gloria. Nach dem seit 1846 für einen solchen Fall erlassenen Regentschaftsgesetz wurde der Kronprinz als Pedro V. König, bis zu seiner Volljährigkeit im 18. Jahre übernahm aber sein Vater, König Ferdinand, die Regierung u. leistete am 19. Decbr. 1853 in der Ständeversammlung den Eid auf die Verfassung. Im Mai 1854 begab sich der junge König zur Vollendung seiner Erziehung auf Reisen durch England, Deutschland, Belgien u. Frankreich. Bei allen diesen Gelegenheiten zeigte das portugiesische Volk, daß das monarchische Princip noch tiefe Wurzeln im Lande hat, u. die Leutseligkeit des Fürsten aus dem Hause Sachsen-Koburg war dabei nicht wenig förderlich. Das parlamentarische Leben der Kammern, welche am 2. Januar 1854 vom Regenten[393] eröffnet wurden, fügte sich auch in diesem Jahre in die Nothwendigkeit; die oppositionelle Thätigkeit war gering u. erfolglos, trotzdem daß ihr eine völlig zügellose Presse zur Seite stand, welche sie zu den heftigsten persönlichen Schmähungen gegen die Minister benutzte. Beim Ausbruche des Orientalischen Krieges erklärte sich P. für neutral, machte aber eine Anleihe von 6 Contos zur Unterstützung portugiesischer Offiziere, welche drei Jahre auf englischen od. französischen Kriegsschiffen dienen würden. Mit Spanien hätten ernste Verwickelungen eintreten können, wenn der Versuch einer spanischen Partei, in beiden Ländern eine neue Revolution anzustiften, um beide Länder unter der Regierung des Hauses Bragança zu vereinigen, in P. irgendwo den mindesten Beifall gefunden hätte. Einige Maßregeln der päpstlichen Regierung in Ostindien veranlaßten Beschwerden von Seiten P-s über Verletzung des der portugiesischen Krone von Alters her zustehenden Patronatsrechtes der Ernennung katholischer Geistlichen in Ostindien. Einige von der portugiesischen Regierung in den ostindischen Diöcesen ernannte Prälaten waren von der römischen Curie nicht bestätigt worden, auch hatte ein Breve vom 9. Mai 1853 den Bischof von Macao u. einige Geistliche des Erzbisthums Goa wegen angeblich antikanonischer Handlungen mit Kirchenstrafen bedroht, wenn sie nicht binnen zwei Monaten zum Gehorsam gegen den Papst zurückkehrten. Der Staatscredit besserte sich durch einen zwischen dem Finanzminister u. der portugiesischen Bank getroffenen Vergleich vom 15. März 1854. Im Staatshaushalte zeigte sich immer noch ein bedeutendes Deficit (1752 Contos), obwohl die Civilliste auf 365 Contos jährlich u. ebenso die Beamtengehalte bedeutend herabgesetzt waren; es mußten daher neue Anleihen gemacht werden. Die Kammern wurden am 3. August geschlossen, nachdem sie sich noch mit der Nahrungsfrage, welche damals auch in P. Schwierigkeiten bereitete, zu beschäftigen gehabt hatten. Mit Frankreich schloß die Regierung einen neuen Vertrag vom 13. Juli 1854, die gegenseitige Auslieferung der Verbrecher betreffend, über denselben Gegenstand mit Belgien eine Übereinkunft vom 26. Juni 1854, ebenso Schifffahrts- u. Handelsverträge mit der Argentinischen Conföderation, Peru, Paraguay, Brasilien u. den Vereinigten Staaten. Eine französische Gesellschaft erhielt die Genehmigung zum Bau einer Eisenbahn von Lissabon nach Cintra. Am 15. Sept. kehrte der junge König von seiner Reise zurück, ohne die französische Hauptstadt u. Spanien besucht zu haben. Der Ausfall der Ernte war gering, die Lebensmittel stiegen rasch im Preise, unter den genügsamen Portugiesen brachen Unruhen wegen Hungers aus u. die mit den Ständen vereinbarten Nothstandsmaßregeln erwiesen sich als unzulänglich. Unter diesen Umständen erließ die Regierung auf eigene Hand (20. December 1854) eine Verfügung, wodurch die Einfuhr sämmtlicher Getreidearten für 1855 frei gegeben wurde. Unter den Gegenständen, welche die am 2. Januar 1855 zusammengetretenen Kammern beschäftigten war der bedeutendste ein neues Kriegsdienstgesetz. Bis dahin bestand in P. die Einrichtung, daß die Soldaten eingefangen u. dem Drillmeister zugeführt wurden; das neue Gesetz führte die französische Conscription ein; nach vollendeter ordentlicher Dienstzeit gehören die Entlassenen noch drei Jahre zur zweiten Linie od. Reserve. Ein anderes Gesetz (vom 23. Juni 1855) bestimmte, daß ein Ministerpräsident, ohne die Geschäfte eines einzelnen Ministeriums zu besorgen, an den Sitzungen aller Ministerien Theil nehmen darf. In einer ihrer letzten Sitzungen von 1855 beschlossen die Kammern noch die Ausführung dreier Telegraphenlinien von Lissabon nach Elvas, nach Porto u. über Cintra nach Mafra. Eine französische Gesellschaft übernahm den Bau. Der junge König hatte auch in diesem Jahre Reisen gemacht, Rom, Turin, Neapel, die Schweiz, Belgien u. zuletzt auch Paris besucht; am 14. August zurückgekehrt, übernahm er am 16. September 1855 die Regierung selbständig u. leistete den Eid auf die Verfassung. Die am 2. Januar 1856 zusammentretende Ständeversammlung eröffnete der König selbst. Das von der Regierung für 1855/57 vorgelegte Budget wies 10,939 Contos Einnahmen u. 12,584 Contos Ausgaben auf, also eine Mehrausgabe von 1655 Contos; dazu kam noch eine neue Anleihe zur Weiterführung der begonnenen Eisenbahnbauten u. ein Gesetzentwurf wegen Notirung der portugiesischen Staatspapiere an der Börse. Die Kammer der Deputirten stimmte mit großer Mehrheit für die Regierung, die der Pairs gegen, u. als der König den Vorschlag, von Neuem eine Anzahl lebenslänglicher Pairs zur Gewinnung einer Mehrheit zu ernennen, abschlug, reichte der Herzog von Saldanha sein Entlassungsgesuch ein. Das neue Ministerium vom 6. Juni 1856 bildeten Marquis von Loulé, Präsident, zugleich Minister der äußeren Angelegenheiten u. öffentlichen Arbeiten, da Silva Sanches für das Innere, Jorge Lureiro Kriegsminister u. einstweilig für die Finanzen, da Cunha Pessoa für Rechtspflege u. Cultus u. Sa da Bandeira für Seewesen u. Colonien; es wollte sich dadurch von dem vorigen unterscheiden, daß, um die materielle Wohlfahrt zu fördern, die Staatsausgaben sich nach den Staatseinnahmen richten sollten, nicht umgekehrt. Die Kammern ertheilten der Regierung die Ermächtigung, bis zu Ende des Jahres die bisherigen Abgaben u. Auflagen fortzuerheben u. zur Weiterführung der Staatsunternehmungen 1500 Contos zu höchstens 7 Procent jährlichen Zinses aufzuborgen. Mit den Staatsgläubigern in England wurde ein Abkommen getroffen, außerdem die Zahl der Truppen auf 24,000 Mann herabgesetzt u. die Aufhebung der Sklaverei in Angola, Ambriz u. Cabenda beschlossen, worauf die Cortes aufgelöst wurden (16. Juli 1856). Am drückendsten waren die fortwährenden Mehrausgaben, welche die Staatsdiener gewöhnlich mit einem Abzug von einem Viertel ihres Gehaltes büßten, während der Werth des Grundeigenthums seit 25 Jahren bedeutend gestiegen war; allein die Vertheilung der Abgaben war durchaus ungleich u. unvollkommen, so daß der Voranschlag der Einnahmen immer um ein Zehntel hinter den wirklichen Einnahmen zurückblieb. Bei alledem blühte die Schifffahrt; es bestanden nicht weniger als 12 Dampfschifffahrtsgesellschaften in den verschiedenen Häfen.

Nach dem Zusammentritt der Kammern am 2. Januar 1857 stellte es sich sehr bald heraus, daß diese nicht mit den Ministern gehen wollten. In der Thronrede war bes. die Hebung des Wohlstandes, die Beförderung des innern Verkehrs durch Eisenbahnen u. Straßen u. die Verbesserung u. Entwickelung des öffentlichen Unter[394] richts hervorgehoben worden; aber vor allen Dingen mußte ein Ministerium geschaffen werden, welches mit den Kammern regieren konnte. Zwei Parteien. waren dabei hauptsächlich zu berücksichtigen, die gemäßigte, mit Saldanha an der Spitze, u. die der Progressisten, welche nur wenig praktische Staatsmänner zählte. So entstand das Ministerium vom 14. März 1857, von welchem drei Mitglieder, Graf Loulé, Ministerpräsident u. Minister des Innern u. Äußern, Kriegsminister Sa da Bandeira u. der Cultus- u. Justizminister Ferrer da Paiva-Netto aus der Reihe der Progressisten gewählt waren, der Finanzminister José d'Avila u. der Minister der öffentlichen Arbeiten, Carlos Bento da Silva der alten Partei angehörten. Dabei war die Mehrheit in der ersten Kammer gegen dies Ministerium, die progressistische Mehrheit in der zweiten Kammer dafür u. eine kleine, aber einflußreiche Partei in der zweiten Kammer dagegen. Die Verhandlungen in den Kammern betrafen meist die Wohlfahrt des Landes, u.a. die Verwandlung des Tabaksmonopols einer Handelsgesellschaft in ein Regal, den Bau einer Eisenbahn nach Porto. Die Kammern genehmigten eine Anleihe von 600 Contos zum Bau neuer Straßen u. der Instandhaltung alter, ein zweites Anlehen von 800 Contos zur Verstärkung u. die ordentlichen Jahresausgaben in einem Betrage von 13,537 Contos, wozu die Staatseinnahmen lange nicht zureichten. Die selbstverständliche Folge war die Vermehrung der schwebenden Schuld. Eine seit mehren Jahren mit der päpstlichen Regierung entstandene Streitfrage in Betreff der Patronatsrechte der portugiesischen Regierung in Ostindien u. China führte zu einem Concordat (21. Febr. 1857), worin eine feste Grenze zwischen den päpstlichen u. königlichen Rechten festgestellt werden sollte, allein die Kammern ließen das Vierteljahr, innerhalb dessen die Unterzeichnung vollzogen werden sollte, verstreichen. Am 18. Mai 1858 vermählte sich der König mit Stephanie, Tochter des Fürsten Karl Anton zu Hohenzollern-Sigmaringen, wobei alle Parteiungen verstummten, während auch das Gelbe Fieber, welches im Septbr. 1857 in Lissabon ausbrach u. im Laufe von vier Monaten nahe an 5000 Opfer forderte, die Politik in den Hintergrund drängte u. dem Könige Gelegenheit gab, männlichen Muth u. hilfreiche Hingebung zu beweisen, welche ihm die Herzen gewannen. Die Cortes dagegen schoben den Beginn ihrer Arbeiten möglichst hinaus; die Eröffnungsrede (4. Novbr. 1857) hatte vor 18 Abgeordneten u. 8 Mitgliedern der ersten Kammer stattgefunden u. erst zu Anfang des Jahres 1858 eröffnete die zweite Kammer ihre Sitzungen, während die erste noch nicht beschlußfähig war. Es wurden von verschiedenen Seiten Wünsche laut ausgesprochen, daß der König sich zum unumschränkten Herrscher machen möchte, allein derselbe machte die Verfassung nicht verantwortlich für die Fehler der Persönlichkeiten. Als endlich die Landtagsarbeiten begannen, zeigte sich eine entschiedene Feindseligkeit gegen das Ministerium, welches zweimal vergeblich um seine Entlassung bat, worauf die Kammern im Mai aufgelöst u. Neuwahlen ausgeschrieben wurden, wobei trotz aller Thätigkeit der Parteien das Ministerium siegte. Die Kammern wurden am 7. Juni von Neuem eröffnet. Durch die Volksfreundlichkeit des Königs waren die äußersten Parteien zum Schweigen gebracht u. der parlamentarische Kampf bewegte sich nur noch zwischen den sehr constitutionellmonarchischen Parteien, welche den Fortschritt u. die Besserung in der Verwaltung, Rechtspflege, Finanzverwaltung u. in volkswirthschaftlichen Fragen wollten, aber über den Weg dazu uneinig waren.

Diese politische Ruhe wurde durch ein Zerwürfniß mit Frankreich unterbrochen. Seit 1852 hatte die französische Regierung unter dem Namen freiwillig auswandernde Arbeiter eine Menge Neger aus allen Theilen Afrikas nach den französischen Colonien geführt, erwiesener Maßen wenigstens zum großen Theile gekaufte Sklaven. Ein solches französisches Negerschiff, worauf sich wie gewöhnlich ein französischer Staatsbeamter befand, war im Nov. 1857 in den Gewässern von Mozambique von einem portugiesischen Schiff, welches gegen Sklavenschiffe kreuzte, aufgebracht worden, u. man hatte am Bord 110 Neger gefunden, wovon ein Theil sogar aus der Gegend von Mozambique mit Gewalt entführt war. Das Gericht der portugiesischen Colonie erkannte die Wegnahme für gesetzlich u. verurtheilte den Capitän zu zwei Jahren Zuchthaus u. einer Geldbuße, welcher die Zuständigkeit der portugiesischen Gerichte anerkennend an das Obergericht in Lissabon appellirte. Unterdessen hatte die französische Regierung dagegen Einspruch erhoben, behauptete, daß durch die Anwesenheit eines französischen Staatsbeamten auf dem weggenommenen Schiffe dasselbe über jeden Verdacht des Sklavenhandels erhaben sei, u. verlangte dessen vollständige Freigebung nebst Entschädigung. Diese Forderung wurde mit Drohungen am 14. Septbr. 1858 wiederholt, nachdem das französische Schiff bis zur Entscheidung des Obergerichts nach Lissabon gebracht worden war Für P. sprachen die Rechtsgründe, allein die französische Regierung klagte dagegen über Verletzung der Nationalehre u. der französischen Flagge u. wies den Antrag, die Angelegenheit durch eine nicht betheiligte Macht schiedsrichterlich entscheiden zu lassen, zurück. Ein französisches Geschwader erschien im Tejo, u. da England, mit Frankreich wegen des nahe bevorstehenden Krieges gegen Österreich eng verbunden, sich weigerte, seine Macht für P. geltend zu machen, vielmehr zur Nachgiebigkeit um so mehr rieth, als Frankreich für die Zukunft befriedigende Bürgschaften geben werde, gab die portugiesische Regierung das französische Negerschiff frei u. zahlte eine Entschädigung von 349,045 Fr. aus der Staatskasse. Eine Art von Genugthuung wurde indessen dadurch gegeben, daß die französische Regierung von da an die Einführung angeblich freiwilliger schwarzer Arbeiter in die französischen Colonien allerdings wieder aufgab. Im Innern verlor das Ministerium immer mehr Boden durch den Umstand, daß es seine Fortschrittsversprechungen nicht erfüllen konnte. Es trat ab u. an seine Stelle ernannte der König 16. März 1859 den Herzog von Terceira zum Ministerpräsidenten u. Minister des Krieges u. Äußern, zum Minister des Innern Fontes Pereira da Mello, Finanzminister Cazal Ribeiro, Justiz- u. Cultusminister Carvalho Martens, Marineminister Ferreri, Minister der öffentlichen Unternehmungen Serpa Pimentel. Es gelang diesem Ministerium, ein neues Wahlgesetz zu Stande zu bringen, auf Grund dessen die Neuwahlen dem Ministerium größtentheils günstig waren. Zu den Prüfungen, welche der junge König in kurzer Zeit bestanden hatte, kam am 17. Juli 1859 der Tod seiner Gemahlin. Bei der Eröffnung[395] der Kammern am 4. Novbr. kündigte der König die Unterzeichnung eines Concordats zur Regelung der Patronatsrechte in Ostasien, den Abschluß eines Handelsvertrags mit dem Königreiche Siam, Gesetzentwürfe zur Verbesserung der Finanzen u. mehre Maßregeln zur Verbesserung der Verwaltung an. Der Voranschlag für 1860 war: 13,152 Contos Ausgaben, 11,866 Contos Einnahmen; die Staatsschulden betrugen 131,574 Contos. Um den Fehlbetrag zu decken, trat das königliche Haus 131 Contos jährlich von seinen Einkünften ab, wurde die Schuldentilgung in London eingestellt, ein Abzug an den Staatsdienergehalten bewirkt u. sollten die Zölle erhöht werden; die Hauptsache aber, die Reform des Steuerwesens, unterblieb. Von den beabsichtigten größeren Eisenbahnen war 1859 erst eine kleine Strecke von 68 Kilomètres fertig. Am 12. September übergab die Regierung dem spanischen Bankier Salamanca den Weiterbau, welcher sich verbindlich machte, die Bahn nach Porto in fünf u. die nach der spanischen Grenze in drei Jahren zu vollenden. Eine kleine Bahn von Barreiro nach Vendas Novas ist dem Betrieb übergeben u. wird nach Süden weiter gebaut. Im Frühjahr 1860 starb der Herzog von Terceira u. an seine Stelle trat Antonio da Aguias als Premierminister. Er betrieb bes. die Aufhebung der Fideicommisse; außerdem genehmigten die Kammern eine Abänderung des Tarifs zu Gunsten der Consumenten, welche jedoch die Interessen der Nationalindustrie nicht gefährden sollte. Im Juli veränderte sich das Ministerium in der Weise, daß der Marquis de Loulé das Präsidium mit dem Portefeuille des Innern, de Avila das der Finanzen u. das Äußere, de Moraes de Cavalho das der Justiz u. des Cultus, Garcez das des Kriegs, da Silva das der Marine u. der Colonien, Belloza de Horta das der öffentlichen Arbeiten erhielt.

Vgl. I. Le Quien de la Neufville, Histoire général de P., Par. 1720, 2 Bde.; de la Clède, Hist. génér. de P., ebd. 1735, 8 Bde. (portug. Lissab. 1781–96, 16 Bde.); L. de Menezes, Historia de P., Lissab. 1751, 4 Bde.; Gebauer, Portugiesische Geschichte, Lpz. 1759, 2 Bde.; H. I. da Costa, Historia de P., Lond. 1809, 3 Bde.; A. Rabbe, Histoire abrégée de P., Par. 1823, 2 Bde. (deutsch, Dresd. 1828); Marquis de Fortia d'Orbay u. H. Mielle, Histoire de P., Par. 1828 f., 10 Bde.; H. Schäfer, Gesch. von P., Hamb. 1836– 1850, 3 Bde.; I. Suarez da Silva, Memorias para a historia de P., Lissab. 1730, 4 Bde.; W. L. von Eschwege, Portugal, Hamb. 1837; Historical view of the revolutions of P., Lond. 1826; I. E. Alexander, Skizzen aus P. während des Bürgerkriegs im Jahr 1834; Herculano, Historia de P., Lissab. 1845–50, 3 Bde.; Portugaliae monumenta historica a saeculo VIII. usque ad XV., ebd. 1860 ff.; vgl. übrigens Portugiesische Literatur.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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